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MA LA BUDDA MINHU 

"An dem woran man nicht vorbeikommt"    Handbuch der Rechtslehre nach Imaam Abu Hanifa  von  Qadhi Thanaa Ullah

 
   

5.1

DIE ENTRICHTUNG DER ZAKAH

 

 

Eine weitere der fünf Säulen des Islam ist Sakah (Armenabgabe). Als nach dem Tod von Rasuulullah, der Friede und Segen Allah’s sei auf ihm, bestimmte Stämme der Araber revoltierten und beschlossen, die Zahlung von Zakah zurückzuhalten, befahl der Kalif Abu Bakr, Allah’s Wohlgefallen sei auf ihm, in Übereinstimmung mit allen der Sahaabah, Dschihaad (Kampf um Allah’s Willen) gegen die Vorenthalter. (Ihr Zurückhalten des Zakah, welches auf der Überzeugung begründet war, dass die Qur'aanverse über Zakah nach dem Tod Rasuulullahs, der Friede und Segen Allah’s sei auf ihm, keine Gültigkeit mehr hätten, stellte tatsächlich eine Verleugnung des Qur'aan dar, und dies ist Kufr. Also war ihr Verbrechen, für welches der Kalif Dschihaad gegen sie erklärte, nichts anderes als Abtrünnigkeit.)   

 

Jemand, der die Notwendigkeit Zakah zu zahlen, verleugnet, ist ein Kaafir (Ungläubiger) (denn er verleugnet den Qur'aan, der klarstellt, dass Zakah notwendig ist). Jemand, der Zakah nicht zahlt, obwohl er weiß, dass es notwendig ist (aus Knausrigkeit oder Nachlässikeit), ist ein faasiq oder Übeltäter (und muss seine Übeltat bereuen).   

 

Erstes Kapitel: 

 

DIE ZAHLUNG VON Zakah   

Zakah ist wadschib für jeden freien, reifen und geistig gesunden Muslim, der ein Nisaab (wie unten erklärt) besitzt, von welchem alle Schulden und die Ausgaben für den Lebensunterhalt (Essen, Kleidung, Unterkunft etc.) abgezogen wurden. Weiters für den, der ein wachsendes Vermögen (z.B. eine Tierherde oder eine Kapitalinvestition) besitzt und in dessen Besitz dieses Nisaab für ein Jahr gewesen ist.   

 

BEISPIEL: Wenn jemand in den Besitz eines Nisaab gekommen ist und davon Zakah zahlen möchte, obwohl es sich noch kein Jahr in seinem Besitz befunden hat, kann er davon Zakah zahlen und es wird als vollständig bezahlt anerkannt.   

 

BEISPIEL: Wenn jemand ein Nisaab besitzt und Zakah für mehrere Nisaabs freiwillig bezahlt hat und dann in den Besitz von genau dieser Anzahl von Nisaabs gelangt, so gilt seine Bezahlung als vollständig und er hat nicht noch einmal zu bezahlen.   

 

BEISPIEL: Zakah ist gemäss Imaam Abu Hanifa nicht wadschib auf ein Nisaab, welches im Besitz eines Kindes oder Geisteskranken ist. Gemäss den anderen Imaamen (Malik, Shafei und Ahmad) ist dies wadschib und muss von den Eltern oder dem Vormund erledigt werden.   

 

BEISPIEL: Zimaar (Besitz, von dem es höchst unwahrscheinlich ist, dass daraus jemals Profit gezogen werden kann) oder verlorenes Eigentum oder solches, das man sich ohne Zeugen widerrechtlich angeeignet hat oder eine ausständige Schuld, welche der Schuldner abstreitet und für die es keinen Beleg gibt oder was vergraben wurde und man hat den Ort vergessen oder was vom Sultan (oder vom Staat) beschlagnahmt wurde: für all dieses Eigentum ist kein Zakah zu bezahlen (Imaam Shafei ist jedoch der Ansicht, dass es bei allen erwähnten Fällen wadschib ist, Zakah zu bezahlen). Sollte man wieder in den Besitz eines solchen Eigentums gelangen, ist es nicht notwendig, für die vergangene Zeit, in der man nicht im Besitz dieses Vermögens war, Sakat zu zahlen.   

 

Wenn die ausstehende Schuld jedoch vom Schuldner eingestanden wird, auch wenn dieser offiziell zahlungsunwillig) ist oder wenn es Zeugen für die Schuld gibt oder wenn der Qadhi davon weiß oder wenn jemand etwas in seinem eigenen Haus vergraben (und den Ort vergessen) hat, dann ist es in diesen Fällen wadschib, davon Zakah zu zahlen und (gleichwerweise) auch für die Zeit, in welcher man dieses Vermögen nicht besessen hat.   

 

BEISPIEL: Zakah eines ausstehenden Schuldanspruchs muss in dem Moment gezahlt werden, in dem die Schuld eingetrieben wird. (Folgendes sollte für das weitere Verständnis gesagt werden: Man unterscheidet einen starken, einen mittleren und einen schwachen Zahlungsanspruch.   

 

1. Der schwache Anspruch besteht aus dem, was in jemandes Besitz gelangte, ohne eine Gegenleistung dafür erbracht zu haben, wie z.B: Meraath oder Erbe; oder es gelangt in jemandes Besitz durch eines anderen Handlung, jedoch ebenfalls ohne Gegenleistung, wie z.B. wassiiaht (Vermächtnis), oder man bekommt durch jemandes Mühe etwas und gibt etwas dafür, was aber dem tatsächlichen Wert nicht entspricht, wie mahr oder Mitgift, welche im Tausch für die Ehre einer Frau gegeben wurde. Wenn dieser Anspruch eingehoben wird, wird Zakah dafür wadschib, wenn der Anspruch den Nisaab ("Steuerfreibetrag") überschreitet und ein Jahr in Besitz gehalten wurde.   

 

2. Der mittlere Anspruch besteht aus dem Besitzrecht auf etwas, was man im Güterverkehr untereinander ausgetauscht hat, ohne dabei eine Geschäftsabsicht gehabt zu haben, wie z.B. der Preis für die eigenen Kleider, wenn sie jemand anders genommen hat. Zakah muss dafür bezahlt werden, wenn der Betrag den Nisaab überschreitet, obschon es dafür nicht nötig ist, diesen Betrag ein Jahr lang besessen zu haben.   

 

3. Der starke Anspruch besteht aus dem Besitzrecht auf etwas, was man im Zuge des Warenverkehrs ausgetauscht hat, mit der Absicht damit Handel zu treiben. Zakah dafür zu bezahlen ist sofort nach Bezahlung fällig. Die Rate ist ein dirham für vierzig.)   

 

Wenn sich die Zahlung eines Anspruchs aus einem Geschäftsfall ergibt, muss 2,5 Prozent Zakah gezahlt werden, wenn der Betrag 40 dirhams (Ein dirham ist eine Silbermünze 3,08 Gramm) überschreitet. Besteht der Anspruch durch etwas anderes als Handel (wie der Preis für etwas, das gerichtlich enteignet wurde), so ist Zakah nur dann zu zahlen, wenn der erhaltene Betrag ein Nisaab überschreitet. Besteht der Anspruch aufgund eines Austausches ohne Wert, wie mahr, dann muss Zakah nach einem Jahr Besitzzeit gezahlt werden, wenn der Betrag ein Nisaab überschreitet. Dies ist Sunnah gemäss Imaam Abu Hanifa.   

 

Gemäss den Imaamen Abu Yusuf und Muhammad muss Zakah für alles bezahlt werden, was eingehoben wurde, (ungeachtet ob es ein Nisaab überschreitet oder sich für ein Jahr lang in jemandes Besitz befunden hat) außer in den Fällen von Diyyat und Irth ul Jinaayah, wofür Zakah nach einem Jahr zu zahlen ist, wenn die Zahlung ein Nisaab überschreitet (die fatwaa ist hier mit Imaam Abu Hanifa).   

 

BEISPIEL: niyyah, entweder zum Zeitpunkt an dem man Zakah gibt oder dann, wenn man das, was für Zakah bestimmt ist vom Übrigen trennt, ist eine Bedingung (wesentlich für die ordentliche Bezahlung von Zakah).   

 

BEISPIEL: Wenn jemand sein ganzes Vermögen als ssadaqa gibt, ohne niyyah für Zakah gemacht zu haben, so verfällt seine Verpflichtung, für dieses Vermögen Zakah zu geben. Gibt er jedoch nur einen Teil seines Vermögens als ssadaqa, dann verfällt diese Verpflichtung gemäss Imaam Abu Yusuf nicht. Gemäss Imaam Muhammad wird alles, was er als ssadaqa gegeben hat, von dem abgezogen, wovon er Zakah zu bezahlen hat (die fatwaa ist mit Imaam Abu Yusuf).   

 

BEISPIEL: Befindet sich jemand am Anfang und Ende des Jahres im Besitz eines vollen Nisaabs, auch wenn während des Jahres der Betrag geringer war, muss Zakah wie für ein ganzes Jahr bezahlt werden.   

 

Besitz, welcher eine Vermehrung ermöglicht und für welchen Zakah zu bezahlen wadschib ist, besteht aus dreierlei Art:

1. naqd   

2. urus   

3. sawaayim   

1. naqd (Barbesitz) an Gold und Silber, egal ob in Münzen oder ungeprägt, in frischen Nuggets oder als Schmuck oder Zierrat auf Gebrauchsgegenständen. Ein Nisaab für Gold ist 20 mithqaals gleich 7,5 Tolas (oder ungefähr drei Unzen = ca. 93,3 Gramm). Ein Nisaab für Silber ist 200 dirham oder 56 Rupies in der Währung Delhis (dies war im 18. Jahrhundert, als dieses Buch geschrieben wurde; heute sind es 52,5 Tolas oder 21 Unzen, gleich 653 Gramm). Der Betrag für Zakah dieser beiden Werte ist ein vierzigstel oder 2,5 Prozent.   

 

Ist weniger Gold oder Silber als der Betrag für je ein Nisaab vorhanden, so können gemäss Imaam Abu Hanifa beide zusammengelegt und der Wert durch eine Schätzung festgestellt werden, wenn man an das Wohlergehen der Armen denkt.   

 

Es ist daher notwendig, für 100 dirham Silber und 10 mithqaal Gold Zakah zu zahlen (denn gemäss Imaam Abu Hanifa überschreitet der Gesamtwert ein Nisaab von wenigstens einem der beiden). Ist jedoch für 100 dirham Silber und 5 mithqaal Gold vorhanden, ist Zakah nur zu zahlen, wenn der Gesamtwert ein Nisaab von zumindest einem der beiden überschreitet.   

 

BEISPIEL: Wenn Gold oder Silber mit einem anderen Metall verschmolzen (oder als Überzug über ein anderes Material verwendet wurde, so gilt, wenn das Gold oder Silber dominiert, das Stück als Gold oder Silber. Überwiegt das Legierungsmaterial, wird dieses Stück als Verkaufs-besitz oder urus angesehen.   

 

2. urus (Handelsware ist die zweite Art von Vermögen, von welchem Vermehrung (wassiiaht) zu erwarten und für welches Zakah wadschib ist).   

 

BEISPIEL: Aller Besitz, in der Absicht erworben, ihn als Handelsware zu gebrauchen, ist Zakah (wadschib) mit 2,5 Prozent unterworfen.   

 

Sollte jemand ein Wertgeschenk oder ein wassiiaht (Legat) erhalten oder eine Frau erhält Mitgift oder ein Mann erhält khul'a (eine vereinbarte Summe dafür, dass ein Mann seine Frau durch Scheidung entlässt) oder Blutgeld oder wenn der Empfänger beim Empfang beabsichtigt, dieses Geld für Geschäfte zu verwenden, so ist es in allen Fällen gemäss Imaam Abu Yusuf wadschib, Zakah davon zu geben. Gemäss Imaam Muhammad ist dies bis zu dem tatsächlich begonnenen Geschäft nicht wadschib. (die fatwaa ist hier mit Imaam Muhammad).   

 

BEISPIEL: Erhält jemand Geld durch Meraath (Erbschaft), so herrscht darüber Übereinstimmung, dass dieses Geld, selbst wenn jemand beim Empfang beabsichtigt, damit ein Geschäft zu tätigen, dieses nicht als urus angesehen wird (und kein Zakah dafür zu zahlen ist).   

 

BEISPIEL: urus kann mit Gold oder Silber zusammenelegt werden, um ein Nisaab von allem zusammen zu bilden, wenn man besonderen Bedacht auf die Armen legt. Wenn der Wert eines der teilhabenden Bestandteile (Gold oder Silber) ein Nisaab überschreitet, wird 2,5% davon als Zakah zu zahlen sein.   

 

3. sawaayim (weidende Tiere, als die dritte Art von Vermögen, von welchem man eine Vermehrung erwarten darf und auf welches Zakah wadschib ist).   

 

Darin sind Kamele, Rindvieh und Ziegen beiderlei Geschlechts eingeschlossen, welche den größeren Teil des Jahres auf der Weide verbringen (und den kleineren Teil des Jahres gefüttert werden).   

 

Die Erklärung, woraus ein Nisaab einer der erwähnten Tiergattunen besteht, sprengt den Rahmen dieses kleinen Buches. Gleicherweise sind die Gesetze, die für ûschr (Zakah für landwirtschaftliche Produkte) gelten, zu ausgedehnt, um hier behandelt zu werden.   

 

BEISPIEL: Findet ein Muslim in der Wüste oder irgendeinem entlegenen Teil des Landes eine Gold-, Silber-, Eisenmine oder dergleichen, wird ein Fünftel für Zakah beansprucht, und vier Fünftel bleiben dem Finder als Eigentum, wenn das Land niemandem gehört. Hat das Land einen Besitzer, gehören die verbliebenen vier Fünftel diesem. Befindet sich der Fundort im eigenen Haus des Finders, hat er gemäss Imaam Abu Hanifa nicht ein Fünftel als Zakah zu bezahlen. Gemäss den Imaamen Abu Yusuf und Muhammad ist es jedoch auch in diesem Fall wadschib, ein Fünftel zu bezahlen (die fatwaa ist hier mit den Imaamen Abu Yusuf und Muhammad. Im "Jami Saghir" wird die gleiche Rechtsauffassung auch Imaam Abu Hanifa zugeschrieben).   

 

BEISPIEL: Wird ein Schatz gefunden, der die Zeichen des Islam trägt - auf den Münzen ist z.B. die kalimahh (Islamisches Glaubensbekenntnis) eingeprägt - muss der Eigentümer ausgeforscht werden. (Der Fund muss mindestens drei Monate ausgeschrieben werden und wenn bis dahin der Besitzer keinen Anspruch darauf erhebt, erwirbt der Finder legales Besitzrecht). Trägt der Schatz die Zeichen von Kufr (z.B. die Pyramide mit dem Auge darin usw.), wird ein Fünftel davon für Zakah genommen und die übrigen vier Fünftel gehen in den Besitz des Finders über.

 

BEISPIEL: Den Anspruch auf Empfang von Zakah haben:

 

1. Faqiir: Jede Person, die weniger als ein Nisaab besitzt (ein Faqiir wird also jeder genannt, der selbst kein Zakah bezahlt).   

2. Miskiin: Jede Person, (die außer ein paar Habseligkeiten) nichts besitzt.   

3. Mukaatab: Ein Sklave, dem sein Herr die Möglichkeit gibt, sich freizukaufen.   

4. Madyun : (Schuldner) Eine Person, obwohl sie ein Nisaab besitzt, über ein Nisaab hinausgehende Schulden hat.   

5. Ghazi: Ein Soldat des Islam, welchen Ranges auch immer, der nicht die Mittel besitzt, sich seine Kampfausrüstung selbst zu beschaffen.   

6. Musaafir: Jede Person die sich, obwohl sie zu Hause Eigentum besitzt, auf Reisen und ohne Mittel in der Fremde befindet.   

 

Zakahgeld kann entweder ausschließlich für eine dieser Gruppen verwendet oder unter alle verteilt werden.   

 

Wer Zakah gibt, darf es nicht an einen unmittelbaren Verwandten geben, weder an seine Eltern noch an seine  Nachkommen.   

 

Auch darf er es nicht an einen Kaafir oder ein Mitglied der Bani Hashim geben (den Familien des Ali, Abbas, Jafar, Aqil und Harith ibn Abdul Muttalib). Er kann diesen jedoch nafl ssadaqa (freiwilliges Almosen) geben.   

 

Weiters darf er Zakah nicht für den Bau einer masdschid (Moschee) (oder Bauwerke wie Brunnen oder Brücken etc.) für ein Begräbnis, für HHhadsch, zur Schuldentilgung eines Toten oder für den (unmündigen) Sohn eines reichen Mannes.   

 

BEISPIEL: Hat jemand einer Person Zakah gegeben, in der Meinung sie habe Anspruch darauf und findet dann heraus, dass dies nicht der Fall ist, so ist es gemäss Imaam Abu Hanifa (und Muhammad) nicht notwendig, Zakah noch einmal zu bezahlen.   

 

BEISPIEL: Es ist mustahabb, einem Faqiir nur jenen Geldbetrag zu geben, der ausreicht, um seine wesentlichen Bedürfnisse zu sichern und welcher es ihm zumindest für einen Tag ermöglicht, nicht zu betteln.   

 

BEISPIEL: Es ist makruh, (als Zakah) den Betrag eines Nisaab oder mehr an nur einen Faqiir zu geben (oder an eine Person der oben erwähnten Gruppen) oder für einen Stadtbewohner, Zakah an einen Bewohner einer anderen Stadt zu geben, außer dieser ist ein Verwandter oder hat es dringender nötig als einer der Leute, die in der eigenen Stadt darauf Anspruch haben.   

 

BEISPIEL: Wer die Mittel besitzt, Essen für zumindest einen Tag zu erwerben, dem ist das Betteln durch die Scharii'ah untersagt.   

 

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