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Sekten          

Einleitung zum Thema "Sekten" im Islam in Bezug zu 'Aqiidah  (Grundelemente des Glaubens)  

von  Muhammad AbuBakr Müller

 

Zuordnungen zu Sekten nach Namen und/oder Erscheinungsbildern sind nur zum Teil möglich, da diese Zuordnungen nicht unbedingt mit dem Inhalt oder der Funktion einer Sekte übereinstimmen. Es ist nicht so sehr entscheidend wie sich ein Muslim amtlich oder gesellschaftlich positioniert, sondern welches seine tatsächliche Position vor Allah ist. Kein Muslim fühlt sich einer Sekte zugehörig und jeder fühlt sich als richtiger Muslim, was immer auch anderer über ihn sagen mögen. Oft ist es so, dass ein Mitglied einer Sekte überhaupt nicht die angeblichen Inhalte seiner Sekte versteht oder lebt und das Mitglied der abgelehnten  Sekte diesen Inhalten in seinem Herzen viel mehr entspricht, obwohl es die Ablehnung genau dieser Inhalte propagiert. (Beispiel: Mitglieder der Sekte die sich >salafi< nennt, folgen in vielen ihrer Angelegenheiten einem Gelehrten, den sie respektvoll >sheikhu-l-Islam< nennen.  Sufismus lehnen sie - als dem Islam nicht zugehörig - pauschal ab. Weil das Wissen der "salafis" aber auf einige Bücher die ihren Wünschen entsprechen  beschränkt ist, so wissen sie nicht, dass ihr >sheikhu-l-Islam< ein sehr positives Werk über Sufismus geschrieben und nur gewissse Ansichten gewisser Suufis abgelehnt hat. Die Sache könnte natürlich auch umgedreht werden. Es kommt vor, dass ein sich selbst so bezeichnender salafi in gewissen Aspekten seines Verhaltens eher als Suufi zu bezeichnen wäre und ein Suufi als salafi.) Die verbalen Fronten vieler Sekten sind und waren jedoch seit langem verkrustet und so hat es wohl keinen Sinn, die Uneinigkeiten von dieser Seite her zu entwirren zu versuchen, sondern jeder sollte genau auf die Glaubensinhalte und daraus folgenden Ansichten des einzelnen Muslims mit dem er zu tun hat achten und ihn nicht gleich wegen einer scheinbaren Zugehörigkeit verurteilen. Oft sind nur zweckgebundene oder nationale Gewohnheiten, Bedürfnisse und Abhängigkeiten (speziell bei Ausländern in Österreich) entscheidend für die Assoziation mit einer Sekte, ohne, dass die genaueren Glaubensinhalte des engeren Kreises bekannt sein müssen.

 

Nichts desto weniger soll die Bedeutung der von gewissen Glaubensinhalten, dei für eine Sekte spezifische sind, in keiner Form verniedlicht werden, denn der Glaube (notdürftige Übersetzung von "Imaan") kann einen Muslim schneller verlassen als der Pfeil den Bogen; nicht zuletzt geschieht dies durch falsche Glaubensinhalte, die oft für den Verstand oder die eine oder andere Neigungen sehr logisch und anziehend wirken können. Der Gesandte Allahs (der Friede und Segen Allahs seien auf ihm) erklärte auch, dass sich die Muslime in 73  Sekten (Sekten) teilen werden und nur eine davon ist richtig.

 

Sekten verteilen sich - abgesehen von Glaubensinhalten - auch auf nationale / politische / Heimat- /  und andere interessensmässig definierte und polizeilich gemeldete Vereine, die vor allem nur den verschiedensten Nöten der Muslime im Ausland Abhilfe schaffen sollen; dazu gehört auch die "Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich", weil bereits 1912, zu Kaiser Franz Josephs Zeiten als rechtmäßige Religion (zu Gunsten bosnischer Heeresteile) scheinanerkannt wurde. Insofern konnte sich  - im Kontext des nicht-muslimischen Staates - ein amtlich / kirchlicher Islam (strukturell ähnlich wie in der katholischen Kirche) als "Islamische Glaubensgemeinschaft" konstituieren. Die amtlichen Vertreter dieser Religionsgesellschaft vertreten im Sinne des Körperschaftsrechts vor allem die mit dem Staat geschlossenen Abkommen gegenüber den - in Österreich lebenden - Muslimen. Wenngleich nicht wirklich wichtig für das Verständnis des Islam, so ist diese Glaubensgemeinschaft doch von  gewisser politischer und Glaubensfragen betreffender Relevanz, wie etwa durch die Bestellung der vom Staat bezahlten Islamischen Religionslehrer an öffentlichen Schulen, Fernsehansprachen, Visaermöglichungen, usw.. Eine genauere Untersuchung der Vorgänge erscheint deshalb sinnvoll, denn nach den österrischen Gesetzen tritt diese Körperschaft (durch die gesetzliche Deckung des nichtIslamischen Rechts) als Autorität gegenüber Muslimen auf. Nirgendwo sind Anzeichen zu sehen und es ist auch für mich nicht vorstellbar, dass sich die Mehrzahl der Muslime vor dem Erscheinen von mahdi und Jesus (der Friede Allahs sei auf ihnen) in ihrer wahren innerlichen Position erkennen können, es sei denn, sie haben durch die Gnade Allahs eine Führung gefunden. 

 

Muhammad AbuBakr Mueller

Rajab 1420 / November 1999 

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