Zuordnungen
zu Sekten nach Namen und/oder Erscheinungsbildern sind nur zum Teil
möglich, da diese Zuordnungen nicht unbedingt mit dem Inhalt oder der
Funktion einer Sekte übereinstimmen. Es ist nicht so sehr entscheidend wie sich
ein Muslim amtlich oder gesellschaftlich positioniert, sondern welches seine
tatsächliche Position vor Allah
ist. Kein Muslim fühlt sich einer Sekte
zugehörig und jeder fühlt sich als richtiger Muslim, was immer auch anderer über
ihn sagen mögen.
Oft ist es so, dass ein Mitglied einer Sekte überhaupt nicht die angeblichen
Inhalte seiner Sekte versteht oder lebt und das Mitglied der
abgelehnten Sekte diesen Inhalten in seinem Herzen viel mehr entspricht,
obwohl es die Ablehnung genau dieser Inhalte propagiert. (Beispiel: Mitglieder der
Sekte die sich >salafi< nennt, folgen in vielen ihrer Angelegenheiten einem Gelehrten,
den sie respektvoll >sheikhu-l-Islam< nennen.
Sufismus lehnen sie - als dem Islam nicht zugehörig - pauschal ab. Weil das
Wissen der "salafis" aber auf einige Bücher die ihren Wünschen
entsprechen beschränkt ist, so
wissen sie nicht, dass ihr >sheikhu-l-Islam< ein sehr positives Werk
über
Sufismus geschrieben und nur gewissse Ansichten gewisser Suufis
abgelehnt hat. Die Sache könnte natürlich auch umgedreht werden. Es kommt vor, dass ein
sich selbst so bezeichnender salafi in gewissen Aspekten seines
Verhaltens eher als Suufi zu bezeichnen wäre und ein Suufi als salafi.) Die verbalen Fronten
vieler Sekten sind und waren jedoch seit langem verkrustet und so hat es wohl keinen Sinn, die Uneinigkeiten von dieser Seite her zu entwirren
zu versuchen, sondern jeder sollte genau auf die Glaubensinhalte und daraus folgenden
Ansichten des einzelnen Muslims mit dem er zu tun hat achten und ihn nicht
gleich wegen einer scheinbaren Zugehörigkeit verurteilen. Oft sind nur zweckgebundene oder nationale Gewohnheiten,
Bedürfnisse und Abhängigkeiten (speziell bei Ausländern in Österreich) entscheidend für die Assoziation
mit einer Sekte, ohne, dass die genaueren Glaubensinhalte des engeren Kreises
bekannt sein müssen.
Nichts desto weniger
soll die Bedeutung der von gewissen Glaubensinhalten, dei für eine Sekte
spezifische sind, in keiner Form verniedlicht werden,
denn der Glaube (notdürftige Übersetzung von "Imaan") kann
einen Muslim schneller verlassen als der Pfeil den Bogen; nicht zuletzt
geschieht dies durch falsche Glaubensinhalte, die oft für den
Verstand oder die eine oder andere Neigungen sehr logisch und anziehend wirken
können. Der Gesandte Allahs (der Friede und Segen Allahs seien auf ihm)
erklärte auch, dass sich die Muslime in 73 Sekten (Sekten) teilen werden
und nur eine davon ist richtig.
Sekten verteilen sich
- abgesehen von
Glaubensinhalten - auch auf nationale / politische / Heimat- / und andere interessensmässig definierte
und polizeilich gemeldete Vereine, die vor allem nur den verschiedensten
Nöten der Muslime im Ausland Abhilfe schaffen sollen; dazu gehört auch die "Islamische Glaubensgemeinschaft in
Österreich", weil bereits 1912, zu Kaiser Franz Josephs Zeiten als rechtmäßige Religion (zu Gunsten
bosnischer Heeresteile) scheinanerkannt wurde. Insofern konnte sich - im Kontext des nicht-muslimischen
Staates - ein amtlich / kirchlicher Islam (strukturell
ähnlich wie in der katholischen Kirche) als "Islamische Glaubensgemeinschaft"
konstituieren. Die amtlichen Vertreter
dieser Religionsgesellschaft vertreten im Sinne des Körperschaftsrechts
vor allem die mit
dem Staat geschlossenen Abkommen gegenüber den - in
Österreich lebenden - Muslimen. Wenngleich
nicht wirklich wichtig für das Verständnis des Islam, so ist diese
Glaubensgemeinschaft doch von gewisser politischer und Glaubensfragen
betreffender Relevanz, wie etwa durch die Bestellung der vom Staat bezahlten
Islamischen
Religionslehrer an öffentlichen Schulen, Fernsehansprachen,
Visaermöglichungen, usw.. Eine genauere Untersuchung der Vorgänge erscheint
deshalb sinnvoll, denn nach den österrischen Gesetzen tritt diese
Körperschaft (durch die gesetzliche Deckung des nichtIslamischen Rechts) als Autorität
gegenüber Muslimen auf. Nirgendwo sind Anzeichen zu sehen und es ist
auch für mich nicht vorstellbar, dass sich die
Mehrzahl der Muslime vor dem Erscheinen von mahdi und Jesus (der
Friede Allahs sei auf ihnen) in ihrer wahren innerlichen Position erkennen
können, es sei denn, sie haben durch die Gnade Allahs eine Führung gefunden.
Muhammad AbuBakr Mueller
Rajab 1420 / November 1999