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Sufismus  

Über das Gedenken an den Geburtstag des Propheten- Allah segne ihn und schenke ihm Frieden

- von  Abd al-Hafidh Wentzel

 

Der Tag, an dem Allah der Erhabene Seinen Liebling in diese Welt geschickt hat ist sicherlich für all diejenigen, die an ihn glauben ein Tag der Freude. Kein Besserer oder Vollkommener als er wurde jemals erschaffen. Er ist es, der als Barmherzigkeit für alle Welten gesandt wurde, als Rufer zu Allah mit Seiner Erlaubnis und als strahlende Leuchte – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden. Trotzdem trifft man unter den Muslimen immer wieder Menschen, die danach fragen, ob es zulässig sei, den Geburtstag des Gesandten Allahs – Segen und Friede seien auf ihm – als Gedenktag zu begehen oder zu feiern. Dabei zitieren sie oft die Behauptungen derjenigen, die dies als unzulässig ansehen, weil es eine „Neuerung“ sei, etwas, was weder auf den Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – noch auf seine Nachfolger, die rechtgeleiteten Khalifen – möge Allah  mit ihnen zufrieden sein - zurückzuführen sei. Grundlage all dieser Behauptungen und „Fatwas“, die das Feiern des Geburtstages des Besten der Geschöpfe – Allahs Segen und Friede seien auf ihm – untersagen wollen ist der Satz aus dem Had'Ith: „Hütet Euch vor neu-eingeführten Dingen, denn jede Neueinführung ist eine Neuerung und jede Neuerung ist Irreleitung".[1]  Dabei interpretieren sie diese Worte im Gegensatz zu den ersten Generationen der Muslime und den frühen Gelehrten als grundsätzliches, allgemeingültiges und ausnahmsloses Verbot der Einführung von etwas Neuem in der Religion. Imam Schafi´i sagte dagegen: „Neuerungen sind von zweierlei Art: lobenswerte Neuerungen und verabscheuenswürdige Neuerungen und was im Widerspruch zur Sunna steht ist verabscheuenswürdig.“ Und er sagte: „Neuerungen sind von zweierlei Art: das was im Gegensatz zum Qur’an, der Sunna oder der übereinstimmenden Ansicht der Muslime steht ist eine irreleitende Neuerung wohingegen eine gute Neuerung in keinerlei Widerspruch zu diesen Dingen steht.“[2]  Imam Nawaw'I sagte: „Neuerung bedeutet im Sinne des göttlichen Gesetzes etwas einzuführen, was zu Zeiten des Propheten nicht existierte und es ist zu unterscheiden zwischen guten und schlechten (Neuerungen).“[3] Ibn Hajar al-Asqalan'I, der Autor des bekanntesten Kommentars zu Imam Bukh'ar'I’s Sahih-hadiith-Sammlung sagte: „Alles was nicht zur Zeit des Propheten existierte wird als Neuerung bezeichnet, aber manche (Neuerungen) sind gut während andere schlecht sind.“ Diese Auffassung der rechtschaffenen früheren Gelehrten wird gestützt durch den bekannten Ausspruch des Gesandten Allahs – Segen und Friede seien auf ihm: „Demjenigen, der einen guten Brauch (Sunna) im Islam einführt, wird der Lohn all derer zuteil, die nach ihm danach handeln, ohne dass ihr Lohn um das Geringste gemindert würde, wer jedoch einen schlechten Brauch einführt, auf dem lastet die Strafe all derer, die danach handeln, ohne dass ihre Strafe um das Geringste vermindert würde.“

Wer könnte auf die Idee kommen, das Gedenken an das freudige Ereignis der Geburt des Siegels der Propheten –Allah segne ihn und schenke ihm Frieden - , eine Versammlung aus Liebe und Ehrerbietung für ihn, mit Qur’anrezitation, Berichten über die Lebensgeschichte des Gesandten Allahs, Lobliedern zu seinen Ehren und einer gemeinsamen Mahlzeit sei eine verwerfliche, verabscheuenswürdige Neuerung?

Imam as-Suyut'I sagte: „Der Geburt des Propheten – auf dem Allahs Segen und Friede seien – zu gedenken, was im Grunde darin besteht, Leute zusammen zu bringen, Teile des Qur’an zu rezitieren, Geschichten über die Geburt des Propheten und die damit verbundenen Zeichen zu erzählen, dann Essen zu verteilen und danach auseinander zu gehen, ist eine gute Neuerung. Derjenige, der sie praktiziert, wird dafür belohnt, denn sie ist ein Zeichen der Ehrerbietung für die Stellung des Propheten und Ausdruck der Freude über seine Geburt – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden.“[4] Und Ibn Taymiyya sagte: „Und ebenso was manche Leute eingeführt haben, ähnlich den Christen, die die Geburt ´Isas feiern, oder aus Liebe für den Propheten und um ihm Ehre zu erweisen, möge Allah sie aufgrund dieser Liebe und ihres Bemühens belohnen, nicht aufgrund der Neuerung die es darstellt. .... Den Geburtstag des Propheten zu feiern und zu würdigen und als einen ehrwürdigen Zeitpunkt zu betrachten, so wie es manche Menschen tun, ist gut und damit ist gross er Gotteslohn verbunden wegen ihrer guten Absicht, den Propheten - Allah segne ihn und schenke ihm Frieden - zu ehren.“[5] Ibn Kathir, wohl einer der berühmtesten Qur´an-Kommentatoren, Historiker und Autor einer klassischen Prophetenbiographie lobt  Muzaffar, den Herrscher von Irbil, mit folgenden Worten: „Er pflegte den edlen Maulid im Rabi´al Awwal zu feiern und organisierte zu diesem Anlass gross artige Feierlichkeiten. Er war ein weiser König, mutig, ein starker Krieger, intelligent, gebildet und gerecht. Möge Allah ihm barmherzig sein!“[6] Adh-Dhahab'I beschreibt eben diesen Herrscher so: „Er (Muzaffar) liebte es, Almosen zu geben ... er errichtete vier Hospize für die Armen und Kranken ... ein Haus für Frauen, eines für Waisenkinder, eines für Obdachlose. Er selbst pflegte die Kranken zu besuchen ... er errichtete eine Madrassa für die Schafi´'Iten und Hanbalis ... er liess es nicht zu, dass irgendwelche ungehörigen Dinge in sein Herrschaftsgebiet eingeführt wurden ... .Was die Feierlichkeiten anlässlich des edlen Maulid an-nabawiyy angeht, reichen Worte nicht aus, sie zu beschreiben. Die Menschen kamen sogar den ganzen Weg von Iraq und Algerien um daran teilzunehmen.“[7]

Für diese gross en Gelehrten der Muslime war die Feier des Maulid offensichtlich eine Selbstverständlichkeit und keine verabscheuungswürdige Neuerung. Ibn Kathir verfasste schliess lich selbst einen aus Had'Ithen, Bittgebeten und Segenswünschen auf den Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – bestehenden Maulid-Text.[8] Ebenso empfahl der berühmte Meister der Had'Ith-Wissenschaften Ibn Hajar al-Haytami den Maulid zu begehen, wobei er ihn mit dem Aschura-Tag verglich, den der Prophet - Allah segne ihn und schenke ihm Frieden - zu einem Fasten- und Feiertag gemacht hatte, als er hörte, dass die Juden ihn als Tag der Errettung aus der Gefangenschaft des Pharao begingen: „ So wie die Juden den Aschura -Tag feierten indem sie fasteten um Allah zu danken, sollten auch wir den Tag des Maulid feiern“ und weiter: „ Man dankt Allah für die Gnade, die Er an einem bestimmten Tag erwiesen hat, sei es durch Gewährung eines gross en Gutes oder durch Abwendung einer Katastrophe. Dieser Tag wird Jahr für Jahr gefeiert. Danksagung kann aus verschiedenen Arten gottesdienstlicher Handlungen bestehen wie Niederwerfung, Fasten, Almosengeben oder Qur´an-Rezitation. Und welch gröss eres Gut gibt es als die Ankunft dieses Propheten - Allahs Segen und Friede seien auf ihm, des Propheten der Barmherzigkeit, am Tage des Maulid ?“[9] Dass es sich dabei um eine Neuerung im Sinne von etwas in der Anfangszeit des Islam nicht da Gewesenem handelte war den gross en `Ulama durchaus bewusst. Imam Nawawis Lehrer Imam Abû Schama sagte dazu: „Die beste Neuerung unserer Tage ist das Gedenken an den Geburtstag des Propheten. An diesem Tage spenden die Menschen freigiebig, verrichten viel Gottesdienst, zeigen gross e Liebe für den Propheten – der Segen Allahs und Sein Friede seien auf ihm – und danken Allah dem Erhabenen vielfach dafür, dass Er ihnen Seinen Gesandten geschickt hat, um sie auf dem Wege der Sunna und dem göttlichen Gesetz des Islam zu führen.“[10]

Diese Aussagen einiger der bedeutendsten Gelehrten der Gemeinde Muhammads – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – verdeutlichen sicherlich dem unvoreingenommenen Leser, dass es sich beim Gedenken an den Geburtstag des Propheten – Allahs Segen und Friede seien auf ihm – nicht um eine unzulässige, verwerfliche Neuerung handelt. Wenn sich Menschen während der damit verbundenen Feierlichkeiten in irgendeiner Weise ungebührend benehmen, so ist dieses Verhalten sicherlich als solches für sich zu verurteilen, ohne dass damit aber gleich das Begehen des Maulid als unzulässig zu betrachten wäre. Es käme ja auch niemand auf die Idee, die Pilgerfahrt abzuschaffen, weil einige der Pilger sich daneben benehmen. Die überwiegende Mehrheit der Muslime und ihrer Gelehrten betrachteten und betrachten die Feierlichkeiten anlässlich des Prophetengeburtstages als eine lobenswerte und segensreiche Neuerung. Dies ist auch die von Schaikh Yusuf al-Qardawi, dem wohl derzeit bekanntesten Gelehrten der ‚Salafi’-Bewegung, vertretene Ansicht. Er sagt dazu: „Wir alle wissen, dass die Gefährten des Propheten – Segen und Friede seien auf ihm – weder den Geburtstag des Propheten noch den Tag der Hijra oder den Tag von Badr gefeiert haben, denn sie waren selbst Zeugen dieser Ereignisse während der Lebzeiten des Propheten, der immer in ihren Herzen und Gedanken war. Sa´d ibn Ab'I Waqq'as sagte, dass sie genauso bemüht Daarum waren, ihren Kindern die Berichte über die Feldzüge des Propheten zu erzählen wie Daarum, ihnen den Qur’'an beizubringen. Auf diese Weise erinnerten sie ihre Kinder an das, was zu Lebzeiten des Propheten geschah und bedurften deshalb keiner solchen Feierlichkeiten. Die nachfolgenden Generationen begannen jedoch, diese glorreiche Geschichte und ihre Bedeutung zu vergessen. Deshalb wurden derartige Feierlichkeiten abgehalten, um das Gedenken an gross artige Ereignisse und die Werte, die wir daraus ableiten können wieder zu beleben. Unglücklicherweise beinhalten derartige Feierlichkeiten einige Neuerungen, wo doch ihr eigentlicher Zweck darin besteht, die Menschen an das Leben des Propheten und das, wozu er eingeladen hat, zu erinnern. In Wirklichkeit bedeutet das Feiern des Geburtstages des Propheten die Geburt des Islam zu feiern. Solche Gelegenheiten sind dazu da, um die Menschen daran zu erinnern, wie der Prophet gelebt hat. Und Allah der Erhabene sagt: „Wahrlich, im Gesandten Allahs habt ihr ein vorzügliches Beispiel für den, der auf Allah und den Jüngsten Tag hofft  und Allahs vielfach gedenkt.“[11] [12]

Ohne nun erschöpfend auf sämtliche Beweise und Argumente eingegangen zu sein, hoffe ich mit dieser kurzen Zusammenfassung dem Zweifel derer, die befürchten, vielleicht mit dem Feiern des Maulid etwas Unrechtes zu tun, Abhilfe geschaffen zu haben. Möge Allah uns recht leiten und vereinen in Liebe zu und im Gedenken an Seinen Liebling, das Siegel der Propheten und Gesandten, Barmherzigkeit für alle Welten und Fürsprecher der Gläubigen am Tage des Gerichts, Sayyidun'a Muhammad – möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken!


[1] überliefert von Jabir bin 'abdullah in Sah'Ih Muslim

[2] Imam al-Bayhaqi in Manaqib asch-Schafi´i

[3] Imam Nawawi in Tahz'Ib al-Asma’ wa s-Sif'at

[4] As-Suyut'I in al-haw'I li-l-fat'aw'I

[5] Ibn Taymiyya in Iqtida as-Siiraht al-mustaq'Im

[6] Ibn Kathir in al-Bid'ahya wa an-nihaya

[7] Adh-Dhahab'I in Siyar alam an-nubala

[8] Ibn Kathir, Maulid rasulillah sallAllah u alaihi wa sallam

[9] zitiert in Ahmad ibn Zayni Dahlan’s as-Siirah an-nabawiyya wa al-athar al-muhammadiyya

[10] Imam Abu Schama in al-ba’ith ´ala inkar al-bid´a wa al-hawadith

[11] Qur’'an, 33:21

[12] Islam Online Fatwa vom 19.4.2001, Fatwa Nr. 34150

 

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