Zionismus opfert
Judentum
Das Gespräch
führte Martin Pfeiffer.
Wiens orthodoxer Oberrabbiner Moishe Ayre Friedman
über die Israelitische Kultusgemeinde,
die FPÖ und Israel | Oberrabbiner Moishe A.
Friedman Geboren 1972
in New York, aufgewachsen mit jiddischer Muttersprache. Seine Vorfahren waren
seit Jahrhunderten im ostmitteleuropäischen Raum Rabbiner, seit dem 14.
Jahrhundert mehrfach auch Wiener Oberrabbiner. Lebt seit 14 Jahren in Europa,
hat in London, der Schweiz und Belgien studiert. Verheiratet mit einer Badgasteinerin aus alter Rabbinerfamilie, Vater von sechs Kindern.
Wird in der
nächsten Ausgabe fortgesetzt.
http://www.zurzeit.at 30—31/2002)
Herr Obberrabbiner, Sie
stehen der Orthodoxen Jüdischen Gemeinde in Wien vor und wehren sich dagegen,
Zwangsmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) unter Ariel Muzicant zu
werden. Was stört Sie an der IKG?
Oberrabbiner
Friedman:
Mich stören nicht einzelne Mitglieder der IKG, sondern es ist für mich eine
Religionsfrage, da es um das Recht auf eine eigene orthodoxe Gemeinde geht.
Die bestehende IKG ist eine Gemeinde von „Muzicanten“. Es widerspricht den
Menschenrechten, die Gründung einer eigenen orthodoxen Gemeinde zu verhindern.
Im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland und Ungarn auch orthodoxe jüdische
Gemeinden. Der Verfassungsgerichtshof hat aber entschieden, dass orthodoxe
Juden der Verfassung nach nicht dazu gezwungen werden können, der IKG
anzugehören. Auch in der BRD gibt es noch diesen unhaltbaren Zustand. In
anderen Ländern haben wir keine Probleme.
Als
orthodoxer Jude stehen Sie in Gegnerschaft zu den Zionisten und zum Staat
Israel. Welche Perspektiven sehen Sie für das Judentum in der Welt, wenn nicht
in einem eigenen jüdischen Staat?
Friedman:
Die Juden
lebten stets gut in der Diaspora, wenn es keine Einmischung von aussen gab. Es
gab kaum Probleme dort, vielleicht mit Ausnahme in Russland. Selbst die
Eroberung Palästinas durch die Araber würde keine Probleme für orthodoxe Juden
bedeuten. Es wäre wenigstens dann der Zionismus aufgelöst. Das wäre besser für
die Welt und auch für die Juden! Das klingt zwar radikal, aber rein sachlich
gesehen wäre es die beste Lösung. Es ist ja das Ziel der Zionisten und des
Reformjudentums, die traditionelle jüdische Religion auszurotten. Die
Zionisten wollen aus dem Judentum eine nationalistische, rassistische und
faschistische Rassebewegung machen.
Wie beurteilen Sie die
Politik Israels, den Umgang mit den Palästinensern?
Friedman:
Wir glauben,
dass der Geburtstag des Staates Israel auch der Geburtstag von allen
palästinensischen Flüchtlingslagern im arabischen Raum ist und auch der
brutalsten Methoden der Geschichte gegenüber dem palästinensischen Volk. Es
ist nicht nur das Massaker von Sabra und Schatila, es gab hier unzählige
Übergriffe gegen Palästinenser im Laufe der letzten Jahrzehnte. Kein Land der
Welt hat so viele Resolutionen der Vereinten Nationen ignoriert wie Israel!
Die Juden selber sind Opfer des Zionismus. Die Palästinenser wissen aber sehr
genau, zwischen Judentum und Zionismus zu unterschieden. Ich habe auch ganz
besonders gute Beziehungen in den arabischen diplomatischen Raum. Ich weise
auch darauf hin, dass die Palästinenser sehr viel Freunde bei uns in unserer
orthodoxen jüdischen Gemeinde haben, und wir gehen auch weltweit gemeinsam
demonstrieren.
US-Präsident Bush erklärte
unliebsame Länder zu „Schurkenstaaten“, etwa den Irak, der fast völlig
isoliert und verarmt ist. Jörg Haider flog ungeachtet dessen nach Bagdad, um
humanitäre Hilfe zu leisten und Gespräche zu führen. Sein Parteikollege und
Ihr Glaubensbruder Peter Sichrovsky warnte vor zu engen Kontakten mit dem
Regime Saddam Husseins, da man sich sonst aus der „freien Welt“ verabschiede.
Wie stehen Sie zu solchen Kontakten?
Friedman:
Unabhängig von der politischen Situation hier war die Reise nach Bagdad ein
ganz besonders kluger Schritt im Interesse der Republik, und zwar sowohl in
moralischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Es ist auch anzumerken, dass
ein gross
er Teil der Mitgliedsstaaten der Vereinigten Nationen mit dem Irak
Geschäfte machen, was auch auf die Amerikaner zutrifft. Die Kritik von
FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky in Zusammenhang mit den Aktivitäten
Haiders und Stadlers im Irak ist daher unangebracht. Im übrigen muss ich Ihre
Bezeichnung Glaubensbruder für Peter Sichrovsky zurückweisen! Er ist der
Glaubensbruder von Ariel Muzicant, nicht mein Glaubensbruder! Meiner Ansicht
nach hat die Tätigkeit von Peter Sichrovsky innerhalb der FPÖ mehr mit
Geheimdienstmethoden zu tun. Er ist mehr ein zionistischer Agent als ein
Vertreter der FPÖ. Das ist unumstritten! Die Freiheitlichen wollten ein gutes
Verhältnis zum Judentum, sie haben das Gegenteil erhalten. Ich glaube, dass die
FPÖ ein gutes Verhältnis zum orthodoxen Judentum bekommen kann, die Zionisten
wollen das natürlich verhindern! Aber ich kann dazu beitragen, die Beziehungen
aller österreichischen Parteien zum Judentum in dieser Sache zu korrigieren.
Selbstverständlich führte die Vorgangsweise der UNO gegenüber dem Irak zu
einer humanitären Katastrophe, zur Bestrafung unschuldiger Kinder – und das
bringt sicher nicht mehr Sicherheit für die Welt, ganz im Gegenteil, das
bringt Frustration! Wir Orthodoxen lehnen das eindeutig ab und haben niemals
damit etwas zu tun gehabt und haben keine Absicht, dass eigene oder arabische
Kinder aus politischen Motivationen heraus umgebracht werden. Ich komme auf
Peter Sichrovsky und auf die IKG zurück. Wie gesagt, Peter Sichrovsky ist ein
Glaubensbruder von Ariel Muzicant. Ein gross
er Teil der Mitglieder der IKG sind
überhaupt keine Juden. Ariel Muzicant gehörte nie der traditionell jüdischen
Religion an. Grosse Teile der bestehenden IKG gehören so zum Judentum wie 90
Prozent der russischen Einwanderer nach Israel, die klar Nichtjuden sind, da
nichtjüdischer Abstammung. Der Generalsekretär der IKG, Avshalom Hodik,
gehörte nie dem Judentum an!
Kürzlich inserierten Sie in
„Die Presse“, um dem medial angegriffenen Volksanwalt Ewald Stadler den Rücken
zu stärken. Waren Ihrer Ansicht nach Stadlers Äusserungen keine
NS-Verharmlosung?
Friedman:
Sicher nicht.
Jede Einmischung in die österreichische Innenpolitik weisen wir ausdrücklich
zurück, das ist eine ausschliess
lich österreichische Sache. Es steht jedem das
Recht zu auszusagen, was er will. Stadlers Worte waren keine NS-Verharmlosung,
sondern die Zionisten in der Kultusgemeinde sind die NS-Verharmloser.
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