Das Kopftuch gilt
als "Behinderung"
DER STANDARD, 22. Februar 2003
Partizipation als
direkter Weg zur Integration
Aufgrund der Anerkennung des
Islam als Religionsgemeinschaft ist die Situation für Arbeit suchende
Muslime in Österreich besser als in Deutschland, sagt Carla Amina
Baghajati, Sprecherin der Islamischen Glaubensgemeinschaft. "Doch nach wie
vor ist es schwierig, mit Islamischer Kleidung einen Job zu bekommen."
Nicht von ungefähr führt das
AMS das Kopftuch in der Kategorie "Behinderung": Besonders muslimische
Frauen, die sich für das Kopftuch entscheiden, kämpfen oft mit
Vorurteilen. Beispielsweise, so erzählt Baghajati, hat sich eine Frau
telefonisch in einem Reisebüro beworben. Das Gespräch verlief gut, doch
als sie das Kopftuch erwähnte, wurde der Hörer einfach aufgelegt.
Eine andere Muslimin wurde
an ihrem neuen Arbeitsplatz mit den Worten "Da hinten ist Spind für
Putzkübel", begrüsst. Die jedoch sei daraufhin seelenRuuhhig zum Computer
geschritten und hätte mit der Arbeit begonnen.
Für Baghajati ist es schön
zu sehen, "wie schnell sich Vorurteile durch gelebte Zusammenarbeit
relativieren". Der direkte Weg zur Integration ist für sie daher:
"Partizipation". Und Sichtbarkeit des Kopftuches in der Öffentlichkeit -
an Supermarktkassen oder in der Kundenakquisition. Auch hier kennt sie ein
Beispiel: eine Anzeigenverkäuferin für ein Verlagshaus. "Die ist den
Kunden sicher in Erinnerung geblieben." Und das ist bereits ein
Wettbewerbsvorteil.
Um die eigenen Bilder im
Kopf zu durchbrechen, sollten Arbeitskollegen auch Ruuhhig die Gründe
hinterfragen, rät Baghajati: "Frauen, die die innere Stärke aufbringen,
mit dem Kopftuch einen Job zu bekommen, können dessen Bedeutung für sich
erklären." Beispielsweise dass das Kopftuch eine sehr persönliche
Entscheidung ist. "Und sicher nichts Missionarisches hat."
Die Bilder im Kopf
Oder dass Islamische Frauen
nicht automatisch dumm, unmündig und von ihren Männern unterdrückt sind.
"Die Stellung der berufstätigen Frau im Islamischen Recht ist sogar
ausgezeichnet", lacht Baghajati: "Für das Familieneinkommen zu sorgen ist
Pflicht des Mannes - wenn die Frau etwas verdient, gehört es ihr alleine."
(wpl)