Über den
Taqlid
Imām Tāqīyuddīn al-Subkī
aus dem Buch al-durrat al-mudiyya fī radd ibni tayamiyya
übersetzt
Übersetzt von Rashid Geske - Quelle: www.ahlu-sunnah.de
Bislang herrscht unter der
Mehrheit der Gelehrten die Meinung vor, dass der, der dem ijmā`
(Konsens) widerspricht, ein Ungläubiger ist; Es ist eine der Bedingungen für
einen muftī , dass er keine fatwā herausgeben sollte, die der
Übereinkunft früherer Gelehrter widerspricht. Sollte er es dennoch tun, wird
seine Beurteilung zurückgewiesen und es ist nicht erlaubt, ihn zu zitieren
[ebenso einen Gelehrten, der dem ijmā` widerspricht] und der Qur’ān
und die Sunnah des Propheten (sallallahu ‘alayhi wa sallam) sind
Zeugnisse dafür, dass es nicht gestattet ist, dem ijmā` zu widersprechen.
Allāh (subhanahu wa ta’ala)
sagte: „Und der, der sich über den Gesandten hinwegsetzt, nachdem
die Wahrheit bekannt wurde und einem anderen Pfad folgt als dem der Muslime,
ihn werden wir in die Hölle werfen und was für ein schlechter Ort sie ist,
um darin zu sein!" (Qur'ān, Surat al-Nisa 4:115)
Wenn das Abweichen vom Pfad
der Muslime und das Betreten eines Pfades entgegengesetzt zu ihrem solchen
Zorn heraufbeschwört [wegen des Abweichens vom Pfad der Muslime], kann sein
Wort dann noch verlässlich sein? Es wird gesagt, dass die Allgemeinheit grob
in zwei Arten (von Menschen) unterteilt werden kann: den Mujtahid-Gelehrten,
der fähig ist, aus dem Buch [Qur’ān] und der Sunnah Regeln abzuleiten und
Fragestellungen zu lösen; und den Muqallid, den Befolger des
Belesenen.
Die Aufgabe des Mujtahid,
wenn er einem Problem begegnet, ist es, die Antwort von den Adilla
(Beweisen) der Shari'ah abzuleiten und die Aufgabe des gewöhnlichen
Mannes ist es, der Meinung des Gelehrten zu folgen. Es ist nicht richtig für
einen Nicht-Mujtahid, damit aufzuhören, gemäss der Worte eines
Gelehrten zu handeln, selbst wenn er einen Vers oder einen Hadīth [der
scheinbar der Meinung des Gelehrten widerspricht] findet. Auch wenn dieser
findet, dass die Meinung dem Hadīth oder der Ayah [äusserlich] widerspricht,
hat er [der Mujtahid Gelehrte] doch ein Dokument, das ihn zwingt, sie
so zu äussern.
Und Allah (subhanahu wa
ta’ala) sagte: „Erfrage Du von den Leuten, die wissen, wenn Du
nicht weiss
t." (Qur'ān, Surat al_Nahl 16:43 und Surat
al-Anbiya 21:7)
Er (subhanahu wa ta’ala)
sagte auch: „Hätten sie es aber vor den Gesandten und vor jene
gebracht, die unter ihnen die Befehlsgewalt besitzen, dann würden es
sicherlich die unter ihnen, die es entschleiern könnten, wissen."
(Qur’ān, Sūrat al-Nisā 4:83)
Es ist nicht nötig, diese
Ayah weiter zu erläutern. Der Zweck ist, zu demonstrieren, dass es für einen
Nicht-Mujtahid Gelehrten nicht gestattet ist, Regeln direkt aus der
Nass (Textquelle) abzuleiten. Dem Gewöhnlichen ist es offensichtlich
ebenso nicht erlaubt. Wenn er mit einer
Ayah in Berührung kommt und
darin scheint eine Ām (generelle Regel) oder Mutlaq (absolute
Regel) zu sein, sollte er dies niemals von sich aus erwägen, auss
er wenn es
von den Gelehrten bestätigt wird. Auch sollte er nicht gemäss ihrer
allgemeinen oder absoluten Natur handeln,
auss
er, wenn er ausreichende
Kenntnis von den Nāsikh wal-mansūkh (abrogierende und abrogierte
Verse) besitzt; das Wissen über die Verse, die 'am (generell) und die
khāss (spezifisch) sind; Kenntnis der mutlaq (absoluten) und
der muqayyad (abhängigen); der mujmil (prägnanten) und der
mubayyin (ausführlichen); und der haqīqa (wörtlichen) und der
majāz (bildlichen). Angenommen, ein Gewöhnlicher nimmt den Vers des
Qur’ān,
„...und all die Frauen,
die Deine Leibeigenen sind," (Qur’ān, Sūrat
al-Ma`ārij 70:305)
und verallgemeinert ihn
dahingehend, dass es erlaubt wäre, mit zwei Schwestern zusammenzuleben, die
seine Leibeigenen sind, dann irrt er sich offensichtlich. Denn, wenn er den
Vers berücksichtigt hätte,
„...[es
ist Haram] für Euch, zwei Schwestern zur gleichen Zeit zu ehelichen,
" (Qur’ān, Sūrat al-Nisā 4:23)
hätte er gesehen, dass die
allgemeine Regel hier ist, nicht mit zwei Schwestern zur gleichen Zeit
zusammenzuleben, sei es als Leibeigene oder als Ehefrauen. Wenn nun also
jemand verwirrt ist und nicht weiss
, welchen Vers er nehmen soll, um damit
den anderen abzulösen, muss er wissen, dass Sayyiduna `Uthmān (radiyallahu
anh) gesagt hat: „Wenn ein Vers etwas gestattet und ein anderer es
untersagt, wird demjenigen, der untersagt, der Vorzug gegeben". Wenn er
das gehört hätte, hätte er gewusst, dass er nach dem handeln sollte, der
untersagt.
Es gibt viele andere Gründe,
warum er nach dem einem und nicht dem anderen handeln sollte, die die
Gelehrten kennen, aber es sollte bekannt sein, dass ein Gewöhnlicher nicht
fähig ist, Regeln unumschränkt von den Originalquellen abzuleiten.