In
Österreich stellen muslimische
Bosnier heute die zweitgröss
te Gruppe
muslimischer Immigranten nach den
Türken. Dass die Verbindung zum
Osmanischen Reich auch nach Österreichs Ausstieg
aus den
Türkenkriegen (1791) nicht abriss, ist nicht
zuletzt das Verdienst der
sephardischen jüdischen Gemeinde in Wien, die
bereits 1736 gegründet wurde. Ab 1878 stand das
okkupierte
Bosnien-Herzegowina drei Jahrzehnte schon
faktisch unter österreichisch-ungarischer
Herrschaft, ehe es 1908 annektiert und somit auch
völkerrechtlich ein Teil der Habsburgermonarchie
wurde. In Bosnien waren rund 600.000 Muslime
ansässig, im Kernland der Monarchie 1281 Muslime
(davon 889 in Wien)[1].
1912 wurde das "Islamgesetz[2]"
erlassen, welches auf der Grundlage des
"Anerkennungsgesetzes[3]"
den Islam als Religionsgesellschaft anerkannte und
den Muslimen Selbstbestimmung zusicherte. Da nun
auch bosniakische Einheiten für die
Habsburgermonarchie fochten, waren innerhalb der
k.-u.-k.-Armee auch
Imame zur Betreuung muslimischer (bosnischer)
Soldaten tätig.
Während der Zeit der ersten Republik dürften nur
einige hundert, kaum organisierte Muslime in
Österreich gelebt haben. Bis 1939 bestand in Wien
der sogenannte "Islamische Kulturbund", während des
zweiten Weltkriegs eine im Vereinsregister
eingetragene "Islamische Gemeinschaft zu Wien". 1951
entstand der "Verein der Muslims Österreichs", der
sich ausschliess
lich religiösen, kulturellen,
sozialen und karitativen Aufgaben widmete. In der
Zeit vom Ende des zweiten Weltkriegs bis 1960 kamen
zahlreiche Muslime als Gastarbeiter und Flüchtlinge
nach Österreich. 1964 hielten sich geschätzte 8.000
Personen Islamischen Glaubens in Österreich auf.[4]
Ab 1971 bemühte sich der 1963 gegründete Verein
„Moslemischer Sozialdienst“ um die Reaktivierung des
Gesetzes und 1979 wurde der Antrag auf Gründung der
Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ),
der eine Verfassung einschloss, eingebracht und
bewilligt. 1979 wurde auch die 1977 fertiggestellte
erste repräsentative
Moschee Österreichs in Floridsdorf (Wien)
eröffnet, die gröss
tenteils vom saudiarabischen König
Faisal ibn Abd al-Aziz finanziert wurde. Die
Zahl der Muslime erhöhte sich stark zwischen 1971
(ca.
23.000 Personen, 0,3% Bevölkerungsanteil,
16.423 türkische Staatsbürger) und 1981 (76.939
Muslime, ca. 1% Bevölkerungsanteil, erste Muslime
gesondert erfassende Volkszählung).[5]
Seit 1983 wird in Österreich Islamunterricht für
alle muslimischen Schüler durch die IGGiÖ
abgehalten, in den letzten zehn Jahren entstanden
auch Islamische Kindergärten und Schulen, die nach
dem österreichischen Lehrplan unterrichten und
zusätzlichen Religionsunterricht auf freiwilliger
Basis anbieten. 1991 hatte die Volkszählung 158.776
Muslime (2 % an der Gesamtbevölkerung) ausgewiesen,
bei der letzten Volkszählung im Jahr 2001 wurden
338.998 Muslime in Österreich registriert.[6]
2001 war die weiterhin gröss
te Gruppe unter den in
Österreich lebenden Muslime jene mit türkischer
Staatsbürgerschaft (123.000), gefolgt von den
Österreichern (96.000, 28 Prozent), Bosniern
(64.628), Jugoslawen (21.594), Mazedoniern (10.969)
und Iranern (3.774). Die meisten arabischen Muslime
kommen aus Ägypten (3.541) und Tunesien (1.065).[7]
Nach Schätzung der Islamischen Glaubensgemeinschaft
leben 2006 zwischen 390.000 und 400.000 Muslime
(Bevölkerungsanteil von 4,9 %) in Österreich.
Das
Vienna Institut of Demography der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften
entwarf verschiedene Szenarien für den zukünftigen
Anteil der Religionen in
Österreich. Für das Jahr 2051 berechnen sie bei
den Jugendlichen unter 14 Jahren je nach Szenario
einen Moslem-Anteil von 19 bis 51 %.[8]
Im
Mai 2006 wurde die sogenannte „Prokop Studie“[9],
benannt nach der damaligen
Innenministerin
Liese Prokop, veröffentlicht. Kontrovers
diskutiert wurde sie nicht zuletzt, da Prokop bei
der Präsentation davon sprach, 45 Prozent der
Muslime in Österreich seien „integrationsunwillig“;
was durch die Studie nicht gedeckt war[10][11].
Im Jänner 2007 wurde das Verhältnis zum Islam durch
das Bekanntwerden von, auch innerhalb der
muslimischen Gemeinde, umstrittenen Äusserungen eines
vormals als liberal bekannten Imams zum Heiligen
Krieg getrübt[12].
Der bei der Staatsanwaltschaft Wien angezeigte Imam
soll beim Freitagsgebet Papst
Benedikt XVI. den Tod gewünscht haben
[13]. Die
Untersuchungen wurden jedoch eingestellt und der
Geistliche bildet weiterhin als Dozent an der
Religionspädagogischen Akademie in Wien künftige
Religionslehrer aus[14].
Eindeutig stellten sich Vertreter des Islams in
Österreich 2007 gegen die in vielen muslimisch
dominierten Staaten verbreitete Praxis der
weiblichen Genitalverstümmelung[15].
Der
auf der Internetseite der "Österreichischen
Professoren Union" (ÖPU) veröffentlichte aktuelle
"Lehrplan Islamischer Religionsunterricht" für
2007/2008 ("Vor allem hat der Islamische
Religionsunterricht die Aufgabe, den Schülern die
Islamische Geschichte und die Begegnung mit der
prophetischen Überlieferung zu vermitteln") sieht
als Lehrinhalte u.a. "die Grundsätze der Islamischen
Rechts- und Gesellschaftsordnung" und "Merkmale der
Islamischen Gesetzgebung" vor[16].
Dies hat in einigen Medien des Landes zum Verdacht "schariatischer"
Unterrichtsinhalte und zu tw. heftiger Kritik
geführt[17].
Islamische Organisationen
in Österreich
Jenseits der IGGiÖ als Körperschaft öffentlichen
Rechts findet das eigentliche religiöse Leben
vorwiegend in den ca. 250 Gebetsstätten
[18] der
Islamischen Verbände statt, die meist entlang
ethnischer Linie organisiert sind. Die türkischen
Verbände sind in ihrer Mehrheit Ableger der
gesamteuropäischen Organisationen, die ihren Sitz in
Deutschland haben.[19]
-
Österreichische Islamische Föderation
(AIF) Die Islamische Föderation ist eine der
gröss
ten Islamischen Vereinigungen in Österreich
mit über 60 Moscheen[24].
Sie wurde 1988 als Dachverband gegründet und
gehört zur
Milli Görüs Bewegung. Sie arbeitet mit der
IGGiÖ zusammen.[25]
Ein wichtiger Mitgliedsverein ist die
Islamische Föderation Wien[26]
(IFW), die auch die Publikation Pusula
[27]
herausgibt. Es gibt auch eine Frauenabteilung
der IFW[28],
eine Jugendföderation[29]
und die ihr nahestehende Interkulturelle
Studentenvereinigung[30]
(ISV).
-
Die türkische Union Islamischer Kulturzentren
(UIKZ)[31]
wurde 1980 gegründet und verfügt über 34
Gemeinden[32].
Sie ist Insidern zufolge von einer eher
mystischen Auslegung des Islam geprägt
(Süleymancılar, wie der deutsche
VIKZ). Sie gilt weiters als relativ
weltoffen sowie neo-traditionalistisch.
Schwerpunkt der Verbandsarbeit in Österreich
liegt in der religiösen Erziehungstätigkeit,
wobei die klassische Ausbildung, also
Beherrschung der arabischen Sprache und
Islamischen Theologie, eine zentrale Rolle
einnimmt.
-
Föderation der Aleviten Gemeinden in
Österreich[34]
Die
Aleviten, nach eigenen Angaben in Österreich
60.000 Menschen, nehmen an den Aktivitäten der
Islamischen Glaubensgemeinschaft nicht teil, da
sie mit der sunnitischen Glaubensgemeinschaft
gross
e Differenzen hat. Deshalb hat die
Föderation vor kurzem um die Anerkennung als
eigenständige Glaubensgemeinschaft angesucht.
Dieser Status wird ihnen in der Türkei noch
immer verwehrt.
-
Schiiten Vereinigung Ahlul Bayt Die
Schiiten, deren Anteil auf 3 bis 10% der
Muslime geschätzt wird
[35], fühlen
sich durch die Glaubensgemeinschaft nicht
angemessen vertreten. Nach sehr scharfer
öffentlicher Kritik
[36] wurde
klargestellt, das schiitische
Religionslehrer/innen im Dienste der IGGiÖ
unterrichten und auch schiitische Schüler/innen
regelmäss
ig den an öffentlichen Schulen
angebotenen Religionsunterricht besuchen.
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Die
Integrationsfalle Wenn ein Muslim integriert ist,
hat er den
Islam verlassen ..... zumindest nach dem aktuellen Sprachgebrauch; aber
schön der Reihe nach. ... Integration von Einwanderern aus muslimischen
Gebieten und deren Nachkommen findet natürlich auf mehreren Ebenen statt,
doch ist mit dem Überschreiten einer Landesgrenze seitens des grundsätzlich vollzogen. Sobald
jemand in ein Gebiet kommt, sei er Wilder, Filmstar, Verfolgter, Krimineller, Geschäftsmann,
Wissenschaftler, Prediger usf., in jedem Fall
ist er damit zumindest physisch integriert, auch wenn er die lokale
Sprache nicht versteht und ein andere Hautfarbe hat und Obdachlos ist.
Fremdes stört Einheimische.
Von
Muhammad Abu Bakr Müller - Sha'baan 1432 (2011)