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Der Zionismus, seine Theorien, Aussichten und Wirkungen – Die
Entstehung des Zionismus
Das Judentum stellt nur ein Glied der allgemeinen Kultur- und
Menschheitsgeschichte dar. Mag es oft mehr als andere Gebilde in seiner
ausgeprägt selbständigen Innenentwicklung als ein streng gegen die Auss
enwelt
abgeschlossenes kleines Ganzes erschienen sein, so schlagen doch in seine
Kreisen die Wellen der gross
en Welt hinein und beeinflussen seinen äuss
eren
Entwicklungsgang. Zu dieser selbstverständlichen Tatsache gestellt sich aber
noch eine von gröss
ere Tragweite. Denn in den geistigen Bewegungen, von denen
das Judentum erfüllt ist, spiegelt sich die äuss
ere Lage ganz getreulich
wieder. Nicht etwa, als ob eine Besserung der äuss
eren Verhältnisse stets
Hand in Hand ginge mit einer gesteigerten Intensivität des geistigen Lebens
und einer optimistischen Auffassung der Lebensprobleme. Das Gegenteil ist
oft der Fall. Eine Regel läss
t sich über diese Zusammenhänge überhaupt nicht
aufstellen, aber sie sind vorhanden, stets konkret nachzuweisen, und daran
muss man denken, wenn man jene Bewegung kritisch betrachten will die – an den
alten heiligen Namen sich klammernd – Zionismus nennt. Nur aus den geistigen
Strömungen die am Ende des neunzehnten Jahrhunderts die allgemeine
Geschichtsbetrachtung beeinfluss
ten, verbunden mit der wirtschaftlichen und
politischen Lage der verschiedenen Glieder der Judenheit, ist der Zionismus
ein Versuch zur Lösung der Judenfrage, seinem Wesen und seinen Zielen nach
zu verstehen.
Das allgemeine Schicksal des Judentums am Ende des verflossenem Jahrhunderts
unterscheidet sich – wenigstens was die Massen betrifft – nur sehr
unwesentlich von den finstersten Zeiten des Mittelalters. Jener wesentliche
Teil, der die russische Judenheit mit ihren rumänischen und galizischen
Anhängsel darstellt, sass
und sitzt in unendlicher wirtschaftlicher und
geistiger Not. Ein Netz von Staatsgesetzen, das tagtäglich dichter wird,
raubt ihm eine wirtschaftliche Existenzmöglichkeit nach der andere, in
schweren Lebenskämpfe ist das geistige Interesse fast erlahmt, und seine
letzten Reste verzehren sich in Aberglauben und Mystik. Die ewige Furcht vor
blutgierigen Verfolgern hat das Aufrechte und Selbstbewuss
te des Charakters
verloren gehen lassen, und besonders für Russ
land wo man sich in die
schlimmsten Zeiten eines erbarmungslosen Mittelalters zurückversetzt fühlt,
kann man, ohne ein Prophet zu sein, voraussagen dass
sich trotz des heutigen
gewiss
vorhandenen geistigen Lebens eine wirtschaftliche, geistige und
moralische Katastrophe vorbereitet, die das Judentum in seiner Grundvesten
erschüttern muss, wenn nicht eine Wendung eintritt. Ein anderes kam dazu, um
die Lage noch verzweifelter zu machen. Die entwickelten Verkehrsverhältnisse
einer neuen Zeit, die der Volksmassen Beweglichkeit erhöhen, schien
anfänglich auch den Juden zugute zu kommen, und in der Auswanderung meinte
man ein Mittel gefunden zu haben, das den in den Fremde ziehende Teile
völlige Freiheit, Sicherheit und Brot, den Zurückbleibenden Luft und etwas
Bewegungsmöglichkeit verschafft. Aber abgesehen davon, dass
Auswanderung nie
das Problem für eine so gross
e kompakte Masse lösen konnte, begann sich das
gelobte Land der Freiheit, Nordamerika und mit ihm die alte Hochburg der
Toleranz, England, gegen den Zuzug der Ostjuden energisch zu wehren und
machte es die Niederlassungserlaubnis von Bedingungen abhängig, denen nur
eingeringer Teil der Auswanderer genügen konnte. So wurde auch dieser
Rettungsweg, sofern er überhaupt einer war, erschwert und versperrt.
Um dieselbe Zeit, im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts, hatten
sich auch in den westlichen Ländern höherer Kultur bedenkliche Erscheinungen
gezeigt. Der politische Liberalismus, der seit der Mitte des neunzehnten
Jahrhunderts, besonders in Deutschland, herrschend und tonangebend gewesen
war, hatte den Juden politische Gleichberechtigung erkämpft, und sie
herrliche Zukunftsbilder von völliger Kulturassimilation schauen lassen. Um
so härter, traf darum den deutschen Juden der Rückschlag, der an die Stelle
des Liberalismus die Herrschaft der Klerikalen und reaktionär-konservativen
Kräfte setzte. Ohne das verfassungsmäss
ig gewährte Recht irgendwie in der
Theorie anzutasten, bemühte sich nun die Verwaltungspraxis den Juden wieder
in seiner Pariastellung im Staate zurückzudrängen. Freiheiten, die er sich
kaum errungen, wurden eingeschränkt, Stellungen, die er mit Eifer aus
ausgefüllt hatte, entzog ihm, – um Mommsens unsterblich gewordenen Ausdruck
zu gebrauchen – die Verwaltungsprellerei! Tausend Demütigungen wurden den
Westjuden zugefügt, die er um so drückender empfinden musste, als er an den
positiven Blühen und Erstarken der Westkultur nicht unwesentlich beteiligt
war, andererseits auch in seinem Denken und Fühlen durch die Vermählung mit
ihr weit empfindsamer geworden war als früher. Es traf ihm wie ein
Peitschenhieb, dass
er nicht mehr würdig sein sollte, seinem Kaiser als
Offizier zu dienen, er, der sich deutsch fühlte, der sich bewährt hatte, der
in schwerer Kriegszeit begeistert mehr als seine Pflicht getan hatte.
Genauso entsetzlich, traf es ihn, dass
freche antisemitische Agitatoren ihr
Haupt frei erheben durften, und das Verhöhnung und Beschimpfung der Juden in
gewissen Kreisen zum guten Ton zu gehören schienen. Und wenn der deutsche
Jude in seine Verzweiflung Umschau hielt, sah er, dass
es anderswo auch nicht
besser war. In Frankreich hatte die Dreyfuss
affäre geradezu erschreckende
Blicke in die Tiefe antisemitischer Vorurteile tun lassen. In Österreich
waren die beiden wichtigsten streitenden Parteien, die Christlichsozialen
und die Deutschnationalen, nur dann einig, wenn es gegen die verhass
ten Juden
ging. In jeder Seele, die noch eine Spur von Feinfühligkeit und Stolz
bewahrt hatte, tauchte die verzweifelte Frage auf, ob es denn überhaupt
einen Nichtjuden gebe, der nicht Antisemit war, und wer persönlich – als
Fühlender und als Schauender – diese Zeiten mitgemacht hat, wird für die
unendliche Übertreibung, die in dieser Anschauung steckt, ein verstehendes
und verzeihendes Mitgefühl haben.
Im Osten und im Westen also eine sehr bedenkliche äuss
ere Lage! Und war es
denn im Innern anders? Bot ein kräftig pulsierendes inneres religiösen
Lebens einen Ersatz? Ein tieferer Einblick in dieser Richtung hin gab zu
nicht minder verzweifelten Betrachtungen Anlass
. Denn die belebende Frische
eines aktiven religiösen Lebens, die das Gefühl der Stärke und Begeisterung
erweckt, suchte man in dem müden dahinschleichenden Judentum der Zeit
vergebens, und was vorhanden war hatte durchaus nicht die Kraft, Ideale zu
erwecken und sie in den Seelen der heranwachsenden Jugend fest zu verankern.
Im Osten der alten Hochburg des frischen und kräftigen religiösen Lebens,
war an seine Stelle die ceremonielle Lebensführung getreten, und was an
Sehnsucht nach der innerlichen und echten Religion des Herzens vorhanden
war, hatte teils im Chassidismus, dem Wechselbalg, dessen Vater christlicher
Mystizismus und dessen Mutter die geistige Rückständigkeit einer arg
gedrückten Volksmasse ist, teils in sonstigem öden Aberglauben und totem
Formalismus die unerfreulichste Blüten getrieben, die nur giftige Früchte
ergeben konnten. Im Westen aber herrschte unter den Juden der Materialismus
noch stärker als in den anderen Schichten der Bevölkerung, die ihm an
Bildung und Lebenshaltung etwa gleichwertig waren.
Das Interesse an religiöse Problemen hatte in weite Kreisen abgenommen, und
es machte sich sogar das Bestreben bemerkbar, Religionslosigkeit, ja sogar
Religionsfeindschaft als einen Kulturfortschritt zu betrachten, und der
offene Hohn, mit dem in diesen Kreisen der fromm Gläubige bedacht wurde,
wirkte auf andere verführerisch. Fast schien es, als ob diese Welle seichter
Aufklärung alles religiöse Gefühl aus dem Kreis der Bildung fortgeschwemmte
hätte und einen Indifferentismus bemächtigte sich weitere Schichten, von dem
man befürchten konnte, dass
er das Weltjudentum in kurzer Zeit vernichten
würde. Dazu trat noch der Wille und die Kraft, Mission zu treiben, bei den
Staaten, – besonders dem preuss
ischen – stark und krass
hervor. Die staatliche
Gesetzgebung hatte den Zusammenhang zwischen den jüdischen Gemeinden nach
Möglichkeit zu lockern versucht, und sie begünstigte auf diese Weise
Zersplitterung und Streit. Was aber durch die Zerstörungstätigkeit nicht
erreicht wurde , musste die persönliche Mission ersetzen, indem man durch
verlockende Versprechungen und reichliche Belohnungen die religiös
geschwächte und indifferente Oberschicht, dessen Moralbegriffe durch das
Schwinden religiöser Anschauungsweise naturgemäss
gelitten hatten, zum feigen
Abfall und meineidigen Übertritt verleitete.
Unerfreulich war so die Lage des Judentums, und für den Beobachter, dem
geschichtlichen Blick und Kenntnisse fehlte, stellte sie sich noch
verzweifelter dar, als es in Wahrheit der Fall war. Denn weder wuss
te er, dass
das Judentum sich schon oft genug in Entwicklungsstadien befunden hatte, die
noch weit mehr den Stempel der Auflösung an den Stirn trugen, noch war ihm
bekannt dass
unsere Gemeinschaft noch jedesmal vermöge der inneren Kraft
ihrer ewigen Ideen Niedergangsperioden dieser Art siegreich überwunden hat.
Die Masse der Intellektuellen, die ehrlich dachten und jüdisches Gefühl
besass
en, die nicht abfallen und verschwinden wollten fühlte aber merklich
das Unbehagen und Beschämende der Lage mit jedem Tage aufs neue. Tausende
von phantastischen Gedanken traten an‘s Tageslicht, jeder zweiter
Glaubensgenosse empfand die Judenfrage in ihrer vollen Schwere und fühlte
sich verpflichtet seine Meinung dazu zu äuss
ern! Und da den meisten das feste
Fundament der Kenntnisse sowie die Fähigkeit zur geschichtlicher Betrachtung
fehlte, schlossen wohlgemeinte und schlecht geratene Judenbefreiungsversuche
wie das Unkraut in die Höhe. Freilich waren es Pflanzen, die nur
phantastische Blüten trieben, die keinen festen Wurzelboden hatten und keine
Früchte trugen.
Eine nervöse und überreizte Zeit war es, wie sie freilich im Judentum schon
oft da gewesen, aber immer wieder überwunden worden ist durch den gesunden
Instinkt der Gemeinschaft, die dann zu den alten Boden der ewigen
Religionswahrheiten zurückkehrte und aus ihm neue, kräftige Nahrung zog.
Aber in solchen nervösen, überreizte Zeiten erstehen die Pseudomessiasse.
Noch immer hat sich in solchen Tage ein Pseudomessias erhoben, noch immer
hat er irgend eine gleiss
ende Lehre entwickelt, noch immer hat er die
leidende Menschheit die Befreiung von jeglichem Leid und Elend versprochen,
noch immer ihr der Zukunft in den herrlichsten Farben gemalt, noch immer hat
er Gläubige gefunden…. Aber noch immer hat er seinen begeisterten Anhängern
den Boden der Wirklichkeit entzogen sie fanatisiert, und dann – wenn ihre
Fantasien sich als Trug- und Luggebilde erwiesen und im Nichts zerfallen
waren, – nur noch tiefer in das Elend hinabgestoss
en. Noch nie ist eine
pseudomessianische Bewegung zerronnen, ohne das sie dem Judentum schwere,
schwere Wunden zugefügt, ohne dass
sie Tausende zum Abfall verleitet hätte!
In solchen Zeiten ersteht ein Pseudomessias, in jedem Zeitalter in einem
anderen Gewande. In ganz moderner Gestalt erhob er sich am Ende des
neunzehnten Jahrhunderts mit verführender und fanatisierender Kraft. Der
Pseudomessias nannte sich damals Zionismus!
Als angebliche Rettung aus aller Gefahr trat eine Bewegung auf dem Plan,
welche für die so vielfach verzweigte Judennot ein einheitliches
Entstehungsprinzip gefunden zu haben sich rühmte und kündete, alles Elend
komme daher, dass
die Judenheit sich national auflöse. Sie behauptete, das
Judentum sei stets eine Nation gewesen, sei es heute noch, und die
Assimilation an die Kultur der anderen Nationen sei eine Verschwendung und
Vernichtung der besten Kräfte, stelle einen schmählichen Verrat an dem Wesen
und der Zukunft des Judentums dar, habe zudem nie etwas anders gezeitigt als
Unglück und Verfall. Das ganze Unglück rühre daher, dass
die Nation ein
Mittelpunkt, ein territorialer und territorialer Mittelpunkt fehle, und
diesen gelte es darum zu schaffen. Nur dann werde die Judenheit ein
erträgliches Los haben, wenn das nationale Moment in den Vordergrund
gestellt werde und sich Geltung verschaffe, wenn alle nationalen Kräfte
zusammengeführt würden, und auf dem geheiligten Boden der Väter eine
Zuflucht geschaffen sei, die einerseits dem gehetzten Judenvolke eine
rechtlich gesicherte Heimstätte gewähre, wo er seine Individualität gemäss
leben und sich betätigen könne, von der andererseits eine geistige Belebung
aller jüdischen Werte ausgehen werde. Einen „Judenstaat“ verlangte der edle
Theodor Herzl in seinem Buche das den gleichen Titel trägt und seinem
dichterischen Können ebenso Ehre macht wie seinem Idealismus. Dieser Mann,
der ein warmes Herz hatte für das Leiden seiner Brüder, der ein ehrlicher
und ehrenhafter Idealist von reiner Gesinnung war, ist es, der der neuen
Bewegung einen idealen Impuls hat. Er hatte aber das tragische Schicksal
gehabt, das sich an seinen Namen eine pseudomessianische Bewegung
häss
lichster Natur knüpft und das mit seinem Namen geschäftsmäss
ige Schreier,
gewissenlose Demagogen und unwissende Phantasten ihre wenig ideale Motive
und Ziele decken.
Wie war es nun gekommen, dass
eine pseudomessianische Aktion gerade ein
solches Gesicht annahm, dass
sie sich auf einen Gedanken aufbaute, der dem
Judentum absolut fremd war und einer zweitausendjährige Entwicklung, die nur
Religion und wieder gefordert und gefördert hatte. Hat dieser nationale
Gedanke vielleicht doch irgend eine Grundlage in jüdischer Anschauungen,
gibt es irgend ein Analogon oder einen Vorläufer in der jüdischen
Geschichte? Es ist das nie und nirgends der Fall gewesen! Gewiss
kann man oft
genug auf Bewegungen hinweisen, die der Rückkehr nach dem heiligen Lande
ersehnten, aber noch niemals war man vom prophetischen Wege abgewichen, nie
hatte man etwas anders erträumt als in erster Reihe die Wiedererrichtung des
Tempels und den Sieg der Religion! Im Zionismus war etwas völlig Neues,
etwas ganz Fremdes aufgetreten. Nicht an religiösen Gefühle appellierte er,
nicht handelte es sich um die Errichtung des Tempels und die Herbeiführung
des Gottesstaates, sondern um den Aufbau eines nationalen Staatswesens, wie
andere es auch waren, ohne das von de m Siege der Religion auch nur die Rede
war! Hier war nicht das ideale religiöse Moment in die Waagschale geworfen,
denn um Glaubensfragen handelte es sich nicht, an sie dachte keiner. Es war
die Judenfrage zu einem einfachem politischen und wirtschaftlichen Problem
degradiert, ein völliges Novum, für jeden der die jüdische Geschichte nicht
mit Schlagworte abtat, sondern sie studierte. Auf jüdischem Boden war der
neue Messias nicht gross
geworden, aber trotzdem liegt sein Ursprung vor
aller Augen offen zu Tage. Das diese neuen Judenrettungsaktion eine
spezifisch nationale Färbung annehmen musste, liegt einfach daran, dass
sie
ein Kind des nationalistischen neunzehnten Jahrhunderts ist. Hier spielt
eben die seltsame Richtung, die die geistige Entwicklung unserer Zeit
aufweist, in die innere Geschichte des Judentums hinein. In dem merkwürdigen
Buche von H.St. Chamberlain über „Die Grundlagen des neunzehnten
Jahrhunderts“, einem Hohenliede der dilettantenhaften Oberflächlichkeit und
der hohlsten Selbstüberhebung spiegelt sich, sowohl was die Form wie die
materielle Seite betrifft, am deutlichsten jene bequeme Weltanschauung
wieder, die unsere Zeit beherrscht. Sie verachtet die individuellen Arbeit
an sich selber und die persönliche Tüchtigkeit, sie erwartet alles Heil nur
aus der Rassenveranlagung, die wie ein unabänderliches Fatum des Menschen
Denken und Handeln leitet und beherrscht. Es gibt hervorragende und
inferiore Rassen. Unter jenen soll die germanische die erste, unter diesen
die jüdische die letzte sein. Jene sei der Inbegriff aller Erhabenheit,
Gross
zügigkeit und Tugend sein, diese dagegen der Tummelplatz aller Laster
und jeder Tüchtigkeit. Das Glied der germanische Rasse das nichts leiste,
sei immer noch erheblich besser als der hervorragendste Semit. Wir können
und wollen dieser Geistesrichtung nicht in ihre Einzelheiten verfolgen, uns
nicht die Mühe geben, ihre offenbaren Fehler aufzudecken. Aber es ist klar,
dass
dieser Rassenwahn, die künstlich gezüchtete Rassenüberhebung der
Betrachtung der Judenfrage neue Wege ebnete und dem Judenhasse eine ganz
neue Richtung gab.
Der Antisemitismus war vorwiegend – man braucht andere Momente die mehr oder
weniger bewuss
t mitklingen, nicht zu verkennen oder abzuleugnen –
Religionshass
; die Emanzipation und das Eindringen der Juden in das
Wirtschaftsleben liess
auch die wirtschaftliche Seite des Judenhasses weit
stärker hervortreten Der Antisemitismus unserer Tage ist aber Rassenhass
! Und
das bedeutet eine völlige Umwertung und eine gewaltige Vertiefung. Religiöse
und wirtschaftliche Judenfeindschaft sind mehr äuss
erlicher Natur; sie gelten
der Natur und die Anschauung und dem Wirken, nicht aber der Person. Der
Rassenantisemitismus jedoch zielt auf den Menschen persönlich. Er hat aus
einer Gegnerschaft , bei der beide Seiten sich durch Argumenten zu
überzeugen suchten, einen Antisemitismus gemacht, der Verachtung des
minderwertigen Juden und völlige Trennung von ihm auf allen Gebiete der
Kultur und des gesellschaftlichen Lebens eindringlich predigt. Mit welchem
Erfolg ist bekannt! Wenn das „völkische“ Moment eine Bedeutung erlangt hat,
der gegenüber alles andere, Verdienste, Tugenden, Strebung und Gesinnung
nichts gelten, wenn der Jude geächtet wird, wenn man ihn zu eine
Pariastellung herabdrücken will, so ist das ein Erfolg der die nationale
Weltanschauung, der chauvinistischen Rassenwahn unserer Tage, in emsiger
Arbeit errungen hat.
Und dieser chauvinistische, nationale Rassenwahn, ist die theoretische
Grundlage, der geistige Nährboden des Zionismus! Im hat er die spezifische
Züge seines Wesens und seiner Wirksamkeit entlehnt! Schon das Aussprechen
dieser unbestreitbaren und unbestrittene Tatsache enthält die vernichtendste
Kritik dieser pseudomessianischen Bewegung. Mit aller Deutlichkeit muss man
es sich in den letzten Konsequenzen ausmalen, was es für das Wesen und die
Erscheinungsformen des Zionismus erscheinen muss, dass
er auf demselben
Sumpfboden erwachsen ist wie der Rassenantisemitismus, diese Geisel, unter
der wir Juden so entsetzlich leiden. Und es ist immer dasselbe Wasser, mag
es nun arisch-antisemitisch, mag es nun jüdisch-national gefärbt sein, dass
aus einem Giftbrunnen stammt, und dass
keine Färbung der Welt zu einem
gesunden Trank machen kann.
Wer sich auf dem Standpunkt stellt, dass
die nationale Verhetzung und der
Rassenantisemitismus ein Verbrechen an der Kultur sind – und wer täte das
nicht – der muss auch dem Bruder in jüdischen
Gewand, den nationalen Zionismus, verdammen, weil er ebenso verderblich
wirken muss wie jene.