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Einige Hinweise zur "Arabischen Sprache"

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Das heutige "Al Fusha" الفصحى  (Hocharabisch) ist nicht die Sprache des Qur'aan, sondern ein modernes Hocharabisch, das sich an der Sprache des Qur'an als Stadard anzulehnen versucht. Nur diejenigen, die Arabisch studieren, Literaten, Nachrichtensprecher und Bildungseinrichtungen benützen "Al Fusha", doch niemand spricht "Al Fusha" الفصحى  im täglichen Leben sondern spricht arabische Dialekte. Aus dem gefühlten Selbstverständnis dieser Dialekte - kombiniert mit geringem Wissen - können die Worte aus dem Qur'aan von "arabisch sprechenden Muslimen" leicht falsch verstanden werden:

Es kommt vor:

  • Der Imaam rezitierte die Surah At-Tariq (86:7), darin die Verse:  يَخْرُجُ مِن بَيْنِ الصُّلْبِ وَالتَّرَائِبِ  Er kommt hervor zwischen Rückgrat und Brustbein.“ Wir sprachen später über die Bedeutung dieses Vers. Der arabisch sprechende Imaam verstand "Sulb" صُّلْبِ  als "Penis" weil das in seinem heutigen arabischen Dialekt mit dieser Bedeutung verwendet wird; er kam noch nie auf den Gedanken, dass dies falsch ist.

  • Wenn aber der arabisch sprechende Imaam rezitiert: „Was hinderte dich (Iblis), dich vor dem niederzuwerfen, was Ich mit Meinen beiden Händen erschuf?“ (Sure Sad 38:75) und sich dabei physische Hände Allahs vorstellt, so ist dieser Irrglaube ein versteckter Schirk (Götzendienst). Wenn nun der Muqtadi (der, der hinter dem Imaam sein Ssalaah verrichtet) das merken könnte, müsste er - anders wie beim Beispiel von "Sulb" صُّلْب  - sein Ssalaah (Ritualgebet) wiederholen.

 

Einmal saß mir ein Glattrasierter Araber in der Bibliothek eines "Islamischen Zentrums" gegenüber. Seine Füße hatte er auf den Bibliothekstisch gelegt und er erklärte er mir: "Wenn du nicht Arabisch kannst, dann kannst du den Islam nicht richtig verstehen". Dieses dumme und arrogante Verhaltensmuster ist weit verbreitet unter arabisch sprechenden, meist "gebürtigen Muslimen",  deren Islam oft zweifelhaft erscheint.

 

Mit dem Verstand ('Aql) kann die arabische Grammatik beherrscht werden, was eine der Voraussetzungen für jeden 'Aliim (Gelehrten) ist um die Worte Allahs in ihrer Bedeutung inhaltlich so zu vermitteln, wie es von den Schülern der frühen Gelehrten der Rechtschulen (Madhaahib) aufgezeichnet wurde. Echtes Verstehen aber, das ist eine Gnade Allahs und findet nur im Herzen (Qalb) und kann nicht allein mit dem Verstand lebendig sein; der Verstand ist eventuell ein Führer von Informationen durch den Dschungel der Nafs (Seele). Ob die Informationen im Heruzen richtig ankommen ist nie sicher.

 

Der Hhadiith: Manche rezitieren den Qur’aan, doch er geht nicht über ihre Kehlen hinaus bedeutet, das die (arabische) Rezitation des Qur'aan das Herz nicht erreicht hat" und das wurde in der Zeit der Offenbarung den Arabern gesagt, deren arabische Sprache in Blüte stand und von allem noch intuitiv verstanden wurde. Arabisch sprechende Muslime merken oft nicht, dass sie die Worte Allahs mit der aktuellen Bedeutung ihrer Dialekte verlinken und aus der Perspektive ihrer Dunja betrachten.

 

Nur wenige Menschen der Dschahiliijah konnten schreiben und lesen, doch konnten manche von ihnen aus dem Stehgreif Gedichte verfassen und fanden dafür große Anerkennung und Araber hatten ein hervorragendes Gedächtnis. Die schöne arabische Sprache war wesentlicher Teil der Kultur und Stolz der Araber. Allah hatte Seine letzte Offenbarung in klarem Arabisch in ein Umfeld gesandt, wo Edles neben Widerlichem sehr deutlich auftrat und keiner der "Araber" konnte sich darauf ausreden, er verstünde nicht. Wenige Schriften auf Pergament gab es vielleicht in Madinah aber nur bei Juden und Christen.

 

Muhhammad wurde als Säugling von seiner Mutter Amina bint Wahb für einige Jahre der Nomadin und Amme Halima Sa'diyya - nicht nur wegen der gesunden Umgebung in der Wüste anvertraut, sondern wegen der Sprache der Beduinen, die als besonders rein, eloquent und kultiviert galt- anvertraut. Das Arabisch des Qur'aan setzt auf die Sprach der Dschahiliiya (Zeit der Unwissenheit) auf und das war die hoch entwickelter Sprache der Beduinen mit ihren Sprichwörtern und Dialekten, die heute niemand mehr spricht. Diese Zeit ist vorbei und niemand kann heute diese Sprache so wie die Ssahhaabah und die ersten Generationen nach ihnen intuitiv nachempfinden.

 

Im Qur'aan werden „al-'Arab“ (Araber der Städten und Umgebung) und „al-A'raab“ (Beduinen, nomadische Wüstenbewohner) erwähnt (Sura 9:97). Wer nicht mit dem Arabisch der Beduinen und ihren Dichtern vor über 1400 Jahren aufgewachsen ist und sich diese reine arabische Sprache im täglichen Leben einverleibt hat, der kann den Qur'aan und die Aussagen des Gesandten Allahs - so wie ihn die Ssahhaabah und die ersten drei Generationen danach  -  nicht mehr intuitiv und unmittelbar verstehen. Kein Studium der Arabischen Sprache und der Geschichte kann dieses lebendige Verständnis von damals ersetzen. Selbst wenn heute heute jemand 100.000 Verse der Dichtung der Dschahiliiyah auswendig könnte, so fehlt ihm immer noch das intuitive Verstehen der Beduinen, Bauern und Händler von damals, das Leben mit den Götzen Lat und Uzza und den Räuberbanden, die Gasfreundschaft und vieles andere. Der Student von "al Azhar" kann zwar lernen, dass ein "rotes Kamel" einen Wert darstellte, doch kann er die damalig soziale Bedeutung nicht intuitiv verspüren. Wenn jemand die arabische Kulturgeschichte der Wüstenbewohner studiert, so ist das viel schwieriger als "Die Waldheimat" von Peter Rosegger nachzuempfinden, obwohl jeder immer irgendwelche Vorstellungen hat"; auch wenn er selbst nie Barfuss zur Schule ging um die Schuhe zu schonen.

 

Wer also kann heute das Arabisch der Ssahhaabah intuitiv empfinden? Wer also darf mit seinem erlernten Verständnis den Qur'aan und die Sunnah interpretieren und davon Rechtschlüsse ableiten? Die wenigen ehrlichen Ulamaa' (Gelehrten) von heute kommen erst gar nicht auf den Gedanken, dass sie diese Fähigkeit hätten, sondern vermitteln und erklärten die Aussagen der früheren Gelehrten der Rechtsschulen, welche noch den alten arabischen Sprachgebrauch mit alle seinen Sprichwörtern intuitiv erfassen. Je näher die Quelle, desto frischer das getrunkene Wasser. Je zeitlich näher der Gelehrte zu Muhhammad, dem Gesandten Allahs, desto intuitiver das Verstehen der arabischen Sprache und das betrifft oft Sprichwörter, Gleichnisse, Allegorien im Qur'aan und Hhadiith, die heuet von Arabern oft falsch (physisch) interpretiert werden.

 

Beispiele:

„Keineswegs! Wenn er nicht aufhört, werden Wir ihn ganz gewiss an der Stirnlocke packen und ziehen.“

Qur'aan 96 :15

 

„Niemand wird ernten, außer was er sät.“

Qur'aan  6:164

 

Und wer Gutes im Gewicht eines Stäubchens tut, wird es sehen.“

Qur'aan  99:7

 

Die Hand Allahs ist über ihren Händen.“

Sure 48:10

 

„Wahrlich, Gott erschuf Adam nach Seinem Bilde“,

sagte der Gesandte Allahs - möge der Friede und Segen Allahs auf ihm sein. 

(Hhadiith / Buhhari 5759, Muslim 5075).

 

 

Wer also meint, den Qur'aan und die Aussagen des Gesandten Allahs selbst interpretieren zu können weil er Arabisch sprechen kann, oder gar meint er könne mutlaaq (grundlegende) neue Rechtschlüsse (Fatwaa) machen, indem er Qur'aan und Sunnah studiert, der ist verwirrt und ein blinder Diener seiner Nafs. Selbst ein Gelehrter, der das Arabisch der Dschahiliah studiert hat, der gibt dann nur das Wissen der frühen Gelehrten der Rechtschulen weiter. Je näher an der Quelle, desto besser ist das intuitive Verständnis der Arabischen Sprache der Dschahiliijah, aber das gibt es wohl schon über 1000 Jahre nur als Einbildung.

 

Der Begriff "ʿArab" bezeichnet im Qur'aan die sesshaften Araber, während 'Araab die Beduinen oder Wüstenaraber bedeutet. Die Araber gelten im Qur'aan als die Bewohner der Arabischen Halbinsel, insbesondere aus den Regionen von Mekka und Medina, doch durch die Verbreitung des Islam, haben sich Araber auch mit anderen Völkern vermischt. Die Sprache der Dschaahiliyyah – also der vorislamischen Epoche auf der Arabischen Halbinsel – ist ein faszinierender Spiegel der damaligen Kultur, Gesellschaft und Weltanschauungen: hochpoetisch, bildreich und rhetorisch ausgefeilt, so dass selbst die ungläubigen Dichter die hohe Qualität der Sprache des Qur'aan nicht leugnen konnten und beeindruckt waren. Die arabische Sprache war stark von der mündlichen Dichtung geprägt und die Dichter trugen ihre Verse auch auf Marktplätzen vor, wo die Poesie ein zentrales Medium darstellte. Die arabische Sprache war aber nie einheitlich, sondern bestand immer aus verschiedenen Dialekten der vielen Stämme. Es gab keine standardisierte Schriftsprache und die Kommunikation war größtenteils nur oral; schriftliche Zeugnisse sind nur wenige bekannt. Erst mit dem Qur'aan gab es einen Standard der arabischen Sprache. Die Araber waren das Volk, das durch den Propheten Muhammad direkt angesprochen wurde. In Sure 9:97 heißt es: #

 

Wir haben ihn als einen Qur'an in arabischer Sprache offenbart, damit ihr versteht.“

Surah 12:2

Der Qur'aan wurde in der höchsten Form des Arabischen Sprache offenbart, so dass selbst die,  dem Islam feindlichen Dichter die Überlegenheit der Sprache des Qur'aan anerkannten:

 

Und wenn ihr im Zweifel seid über das, was Wir Unserem Diener (Muhammad) offenbart haben, dann bringt doch eine Sure gleicher Art hervor...

Surah 2:23

 

 

 

Besonders die Qasiidah  قصيدة ist eine klassische Gedichtform, war und ist beliebt – mit komplexen Reimschemata und tiefgründigen Metaphern. Sie diente in der Dschahilliijah um Stammesgemeinschaften zu loben, an Heldentaten zu erinnern, Feinde zu verspotten oder Gastgeber und sich selbst zu preisen. Heute ist die Qasiidah al-Burdavon Imam al-Busir unter Muslimen sehr verbreitet.

 

 

Merkmale der Sprache in der Dschaahilijah

Mündlich geprägt: Die Kommunikation erfolgte fast ausschließlich über das gesprochene Wort – besonders in Form von Gedichten.

Dialektvielfalt: Verschiedene Stämme hatten eigene sprachliche Nuancen, doch die poetische Sprache war oft überregional verständlich.

Poetische Meisterwerke: Die berühmten Muʿallaqaat – eine Sammlung von sieben (manchmal zehn) Gedichten – gelten als literarische Höhepunkte dieser Zeit.

Starke Metaphorik: Naturbilder, Stammesstolz, Liebe und Krieg wurden in kunstvollen Versen verarbeitet.

Feinfühlige Grammatik: Trotz fehlender Standardisierung war die Grammatik komplex und elegant – ein Vorläufer des späteren klassischen Arabisch.