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Gebiete   

Wer ist der Feind?

NZZ; 08.02.2002 von Daniel Pipes  (Zionist und US Präsidentenberater Direktor des Middle East Forum in Philadelphia) Der Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift «Commentary», Januar 2002. Übersetzung Luzia Lehmann

 

176 Bemerkungen zu diesem Artikel ......Der "Krieg gegen den Terror" war von Anfang ein ein Manöver gegen den Islam insgensamt, da Islam ja tatsächlich eine "ideologische" Bedrohung für die Ausbeuter ist. von Muhammad Abu Bakr Mueller

 

 

Doch ein Kulturkampf - allerdings unter Muslimen

 

Der Antiamerikanismus unter Muslimen ist nicht universell; es gibt auch wichtige proamerikanische Bollwerke. Dazu gehören: das Offizierskorps der Türkei, die eigentlichen Schiedsrichter über die Geschicke des Landes; die Führung mehrerer mehrheitlich muslimischer Staaten der ehemaligen Sowjetunion; die neuen Dissidenten der Islamischen Republik Iran und allgemein die Muslime, die die Islamistische Herrschaft selbst erlebt haben. Der Autor plädiert für Zusammenarbeit mit diesen Muslimen.

 

Die Gruppe der «Gemässigten» macht aber nur eine Minderheit aus. Der Antiamerikanismus kommt überall zum Vorschein: unter den abgeschirmten Frauen der saudischen Elite wie den Männern in den Slums von Kairo, unter den Alten in den abgelegensten Gebieten Pakistans ebenso wie den Schülern einer Islamischen Schule in einem Vorort von Washington. Der Antiamerikanismus beschränkt sich auch nicht immer auf die geistige Haltung. Schon zwischen dem Vietnamkrieg und dem 11. September wurden mehr Amerikaner Opfer von radikalen Muslimen als von andern Feinden.

 

Kein Zusammenprall der Kulturen

Die Situation ist also bedenklich. Dennoch ist sie ebenso wenig hoffnungslos, wie es die Situation auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges war. Erforderlich ist - heute wie damals - nicht nur eine genaue und ehrliche Definition des Feindes, sondern auch konzeptuelle Klarheit im Umgang mit ihm. Vielleicht ist der erste Schritt dazu die Einsicht - so paradox dies vor dem Hintergrund der oben genannten Zahlen scheinen mag -, dass die Amerikaner sich nicht in einem Kampf zwischen dem Islam und dem Westen bzw. in einem «Zusammenprall der Kulturen» befinden.

Dieser Begriff erlangte durch den Politologen Samuel Huntington einen hohen Bekanntheitsgrad - und wurde durch bin Ladin in seiner teuflischen Weise unterstützt. Der Begriff mag seinen Reiz haben; trotzdem ist er falsch. Zahlreiche Islamistische Elemente suchen zwar diese Konfrontation in der Überzeugung, der Islam werde sich durchsetzen und weltweit die Vorherrschaft erreichen. Aber mehrere Faktoren sprechen gegen eine solche Interpretation der objektiven Situation.

Einmal ist Gewalt gegen die Amerikaner - und gegen Israeli, Abendländer und Nichtmuslime - lediglich ein Teil der Realität; die Feindschaft der Islamisten richtet sich ebenso erbittert gegen nichtIslamistische Muslime. Hat nicht die Herrschaft der Taliban in Afghanistan dies aufs Klarste gezeigt? Deren Greueltaten und mutwillige Gewalt gegen muslimische Landsleute zeigen eine Geisteshaltung in der Nähe des Völkermords. Was die Befreiung von dieser brutalen Unterdrückung bedeutet haben muss, hat ein Bericht in der «New York Times» vom 13. November gut eingefangen:

 

Gewalt gegen Muslime

«In den zwölf Stunden, seit die Soldaten der Taliban diese Stadt verlassen haben, hat sich eine fröhliche Stimmung breit gemacht. Die Bevölkerung von Taliqan, die zwei Jahre lang unter der Herrschaft der Taliban gelebt hatte, ergoss sich auf die Strassen und warf die Einschränkungen über Bord, die bis in die privatesten Bereiche ihres Lebens hinein gereicht hatten. Die Männer warfen ihre Turbane in die Gosse. Familien gruben ihre lange versteckten Fernsehgeräte aus. Restaurants spielten Musik. Zigaretten flammten auf, und junge Männer sprachen davon, ihr Haar wachsen zu lassen.»

Die Taliban sind dabei keine Ausnahme. Die Islamisten haben die Muslime brutal behandelt, wo immer sie an der Macht waren oder diese angestrebt haben. Algerien wurde schon erwähnt, ein Land, das nach einem Jahrzehnt der Islamistischen Barbarei mit etwa 100 000 Opfern gleichbedeutend mit Gewalt gegen Glaubensbrüder geworden ist. Vergleichbare Gewalt, wenn auch geringeren Ausmasses, fanden sich in Ägypten, in Libanon und in der Türkei. Und der Krieg des Islamistischen Iran gegen den nichtIslamistischen Irak nach 1982, mit Hunderttausenden von muslimischen Opfern? Der Islamismus ist eine aggressive totalitäre Ideologie, die letztlich kaum, wenn überhaupt, Unterschiede bei jenen macht, die ihr im Wege stehen.

Der Begriff des Kampfes der Kulturen ist zudem untauglich, weil er einen unweigerlich dazu verleitet, wichtige oder möglicherweise entscheidende Unterschiede innerhalb der Kulturen selbst zu vergessen. Solche Unterschiede traten in aller Schärfe hervor, als 1989 eine beträchtliche Minderheit von Muslimen weltweit gegen das Todesurteil von Ayatollah Khomeiny gegen den Autor Salman Rushdie protestierte - in Iran selbst unterschrieben 127 Intellektuelle ein Protestschreiben -, während einige prominente westliche Stimmen, weltliche und religiöse gleichermassen, sich für das Verdikt zu entschuldigen oder es zu «verstehen» versuchten. (In einer typischen Erklärung meinte der Vorsitzende der französischen Bischofskonferenz, dass «Die satanischen Verse» eine «Beleidigung der Religion» darstellten - als ob damit das Todesurteil gegen Rushdie in irgendeiner Weise begründet worden wäre.)

Ein zeitlich und räumlich näher liegendes Beispiel liefern die Umfragen im katholischen Italien nach dem 11. September, laut denen ein Viertel der Italiener der Meinung sind, dass die Amerikaner erhielten, was sie verdient hatten. Sogar einige Amerikaner stellten sich auf die Seite der Angreifer oder zumindest hinter die Wahl des Ziels: «Wer es schafft, das Pentagon in die Luft zu sprengen, hat meine Stimme», verkündete ein Geschichtsprofessor an der Universität von New Mexico. Macht das diese Leute zu einem Teil der Islamischen Welt? Und wo stehen die Hunderte von Millionen von Muslimen, die über die Attentate vom 11. September entsetzt waren? Gehören sie nicht zur Islamischen Welt?

 

Ist der Islam doch das Problem?

Dies führt uns zur bedeutenden, damit in Zusammenhang stehenden Frage, ob der Islam selbst das Problem sei. Wie alle gross en Religionen lässt der Islam mehrere Interpretationen zu, von der mystischen bis zur militanten, von der quietistischen bis zur revolutionären. Während der 1400 Jahre seiner Geschichte wurden die Grundsätze des Islam auf höchst unterschiedliche Weise ausgelegt. Der Islam unterscheidet sich von andern Religionen jedoch darin, dass er eine gross e Zahl von Vorschriften für das öffentliche Leben und die Beziehungen zu Ungläubigen einschliesst, die dem modernen Geist der Zeit widersprechen und noch nicht aufgegeben worden sind. Kurz, die harte Arbeit, den Islam an die heutige Welt anzupassen, muss noch begonnen werden. Gerade diese Tatsache erklärt einen Teil der Anziehungskraft der Islamistischen Ideologie.

Diese ist allerdings kein gänzlich neues Phänomen. Sie hat ihre Wurzeln in der WahhabitenBewegung des achtzehnten Jahrhunderts, in den Schriften von Ibn Taymiya des dreizehnten Jahrhunderts und gar bei den Kharijiten im siebten Jahrhundert. Wie es sich für eine zeitgenössische Ideologie gehört, umfasst die heutige Version des Islamismus mehr Lebensbereiche (zum Beispiel auch den wirtschaftlichen Bereich) als frühere Interpretationen; sie geniesst auch bedeutend mehr politischen Erfolg. Ein radikales Verständnis des Islam hat sich breit gemacht wie wohl nie zuvor in den 1400 Jahren der Geschichte des Islam und hat alle ernsthaften Alternativen verdrängt oder Ruuhhig gestellt.

 

Auf dem absteigenden Ast

Die Radikalisierung ist die wütende Antwort auf eine Frage, die die Muslime seit 200 Jahren plagt - seit Macht und Reichtum, die die Islamische Welt einstmals charakterisiert hatten, sich zwischen 1300 und 1800 auflösten und andere Völker und Nationen vorwärts zu drängen begannen. Was war falsch gelaufen? Wenn der Islam Gottes Gnade bringt, warum geht es den Muslimen so schlecht? In der jüngsten Geschichte haben sich Muslime mehreren extremistischen Ideologien zugewendet - von Faschismus und Leninismus bis zum panarabischen und pansyrischen Nationalismus -, immer im Versuch, auf diese Frage mit allen Mitteln eine Antwort zu finden auss er mit Hilfe von Introspektion, Mässigung und Selbsthilfe.

Der Islamismus ist zur verbreitetsten, am meisten Illusionen nährenden und zur verhängnisvollsten dieser Ideologien geworden. Die beispiellose Vorherrschaft des Islamismus bietet ironischerweise gleichzeitig Grund zur Hoffnung. Wie erfolgreich die militante Interpretation gegenwärtig auch sein mag, in der Zukunft muss das nicht genau so sein. Der terroristische Jihad gegen den Westen ist eine Lesart des Islam, jedoch nicht sein ewig währendes Wesen. Vor 40 Jahren, als das Prestige der Sowjetunion und der panarabische Nationalismus auf ihrem Höhepunkt standen, war der Islamismus fast ohne politischen Einfluss. Was dann geschah und ihm zu Einfluss verhalf, ist zwar eine faszinierende Frage, aber in unserem Zusammenhang ist einzig zentral, dass, da der militante Islam vor kaum 40 Jahren keine einflussreiche Kraft war, es absolut vernünftig ist anzunehmen, dass er in weiteren 40 Jahren seinen Einfluss eingebüsst haben wird. Wenn der Islamismus und der Islam tatsächlich untrennbar wären, gäbe es keine Lösung auss er dem Versuch, einen Sechstel der Weltbevölkerung entweder in Quarantäne zu nehmen oder ihn zu bekehren. Keine dieser Lösungen ist realistisch.

 

Ringen um die Seele des Islam

Wenn der welterschütternde Kampf unserer Zeit nicht ein Kampf zwischen zwei Kulturen ist, dann muss es ein Kampf unter den Mitgliedern ein und derselben Kultur sein - also zwischen Islamisten und jenen, die wir hier mangels besserer Begriffe gemässigte Muslime nennen («gemässigt» nicht im Sinne von liberal oder demokratisch, sondern antiIslamistisch). Ähnlich wie die extremen westlichen Ideologien des Faschismus und des Kommunismus den Westen herausgefordert hatten und aus ihm ausgetrieben werden mussten, muss dies mit dem militanten Islam und der Islamischen Welt geschehen. Der Kampf um die Seele des Islam wird viele Jahre dauern und viele Leben kosten. Er wird wohl der gröss te ideologische Kampf der Zeit nach dem Kalten Krieg werden.

Was für eine Rolle kommt dabei uns zu? Die USA, ein gross mehrheitlich nichtmuslimisches Land, können selbstverständlich nicht die Probleme der Islamischen Welt bewältigen. Weder können sie das Trauma des modernen Islam lösen noch sehr viel dazu beitragen, den in der muslimischen Welt vorherrschenden Antiamerikanismus zu reduzieren. Während der Kampf unter den Muslimen sich entfaltet, werden sich Nichtmuslime hauptsächlich in der Rolle des Aussenstehenden wiederfinden.

Die Aussenstehenden und besonders die USA können jedoch massgeblich zur Beschleunigung des Kampfes sowie zur Beeinflussung des Ausgangs beitragen, indem sie die militante Seite schwächen und die gemässigte ermutigen und unterstützen. Dieser Prozess hat mit dem sogenannten Krieg gegen den Terrorismus schon begonnen, und im Kleinen sind seine Auswirkungen in Afghanistan sichtbar geworden. Solange Washington abseits gestanden hatte, waren die Taliban im Lande an der Macht, und die Nord- Allianz schien eine glücklose Kraft. Sobald die USA sich militärisch eingemischt hatten, brachen die Taliban zusammen, und die Nord-Allianz stürmte in wenigen Wochen durch das Land. Auf höherer Ebene bleibt die Aufgabe die gleiche: die Islamisten schwächen, wo sie an der Macht sind, ihre Ausdehnung verhindern und die gemässigten Elemente unterstützen.

 

Kreativität und Entschlossenheit

Um den Islamistischen Extremismus zu schwächen, wird eine kreative und entschlossene Politik notwendig sein, die auf die Bedürfnisse jedes Landes abgestimmt wird. Die amerikanische Politik hat ihren Stempel schon an verschiedenen Orten aufgedrückt, abgesehen von Afghanistan in den Philippinen, wo 93 Millionen Dollar Militärhilfe zusammen mit einem amerikanischen Beraterstab der Regierung zum Sieg über den militanten Islamistischen Aufstand zu verhelfen versuchen. In Pakistan bildet das FBI die Einreise- Behörden in der Ermittlung von mutmasslichen, aus Afghanistan eindringenden Terroristen aus. Die anarchistischen Gebiete in Somalia könnten als Nächstes an der Reihe sein.

In einigen Fällen werden Veränderungen schnell herbeizuführen sein; in andern wird es ein langer und mühsamer Prozess sein. In Pakistan muss der Staat die Kontrolle über die berüchtigten Medressen (die Religionsschulen), die den Extremismus lehren und die Gewalt befürworten, gewinnen. In Iran sowie im Sudan werden weitaus energischere und vielfältige Anstrengungen notwendig sein, um die Herrschaft des militanten Islam zu beenden. In Katar, von wo aus das Jazira-Fernsehen sendet - bin Ladins Sprachrohr -, braucht es den Druck auf die Regierung, damit diese die Lehre eines gemässigten Scheichs fördert statt jene des tief im Schützengraben verharrenden Extremisten Yusuf al-Qaradawi («Am Jüngsten Tag werden die Muslime die Juden bekämpfen und sie töten»).

Saudiarabien ist ein Spezialfall. Von dort kamen bin Ladin und 15 der 19 Flugzeugentführer. Zudem ist es die Brutstätte der Ideen der Taliban ebenso wie die Finanzierungsquelle vieler Islamistischer Gruppen. Und obwohl die saudiarabischen Behörden mit dem Westen seit Jahrzehnten funktionierende Beziehungen pflegen, hat es Saudiarabien zugelassen, dass der militante Islam den öffentlichen Diskurs übernimmt. Das Land muss dringend von einem Schulsystem befreit werden, in dem es beispielsweise in Schulbüchern der zehnten Klasse heisst: «Die Muslime schulden sich gegenseitig Loyalität und haben die Ungläubigen als ihren Feind zu betrachten.» Für die Medien, ganz zu schweigen von andern Bereichen des öffentlichen Lebens, gilt das Gleiche.

 

Konsequenzen für Amerika

Zudem müssen Finanzzentren überall in der Welt, von den Vereinigten Arabischen Emiraten bis zu Hongkong, dazu gezwungen werden, das Geldwaschen durch Islamistische «Wohltätigkeitsorganisationen» zugunsten von al-Kaida und andern terroristischen Organisationen zu unterbinden. Frankreichs Präsident Jacques Chirac hat erklärt, dass «Europa ein Zufluchtsort» für Islamistische Extremisten geworden sei. Dieses Problem muss ernst genommen werden. Und Taten müssen folgen.

Der Kampf gegen den Islamismus hat für die USA auch innenpolitische Konsequenzen, stellt er doch im In- wie im Ausland eine Gefahr dar. Hier muss darauf hingearbeitet werden, dass der Schaden durch die radikal antiwestlich Eingestellten unter uns verhindert wird. Als Mittel zum Zweck dienen die Ausweisung, Gefängnisstrafen oder andere Einschränkungen. Das impliziert eine Änderung der Einwanderungsgesetze und besonders ein Ende der unbedarften Annahme, dass alle, die zu Besuch oder als Immigranten in die USA einreisen wollen, es gut meinen. Das Einreiseprozedere braucht einen ideologischen Filter; in den Worten des Präsidenten müssen «viele Fragen gestellt werden, die bisher nicht gestellt worden sind». Es bedeutet, dass scharf gegen Islamische «Wohlfahrtsorganisationen» vorgegangen wird, die Gelder an Islamistische Gruppierungen schleusen. auss erdem werden Militärgerichte notwendig sein. Die Anwalt- Klient-Beziehung wird unter Umständen gewisse Einschränkungen hinnehmen müssen. Wo angemessen, muss ernsthafter Gebrauch der Rasterfahndung zur Entdeckung von «Schläfern» und andern Terroristen eingesetzt werden. Und vor allem muss der Präsident aufhören, sich mit militant Islamischen Führern zu treffen, wie er das vor und nach dem 11. September getan hat, da er diese damit legitimiert.

Wir dürfen uns jedoch keine Illusionen machen. Wenn die USA über 100 Millionen Islamistische Feinde haben (von der noch gröss eren Zahl von Muslimen, die uns aus verschiedenen andern Gründen Schlechtes wünschen, ganz zu schweigen), können diese nicht alle ausgeschaltet werden. Stattdessen sollen sie möglichst abgeschreckt und eingedämmt werden. Der militante Islam ist zu beliebt und verbreitet, als dass er militärisch vernichtet werden könnte.

Die andere Hälfte

Aus diesem Grund spielen die gemässigten Muslime eine zentrale Rolle. Die Hälfte der Islamischen Weltbevölkerung mag Amerika hassen, die andere Hälfte tut dies nicht. Diese Hälfte ist jedoch leider unbewaffnet, unorganisiert und hat keine Stimme. Die USA brauchen sie jedoch nicht wegen deren Macht, sondern wegen deren Ideen und Vorstellungen sowie der Legitimität, die sie vermitteln. In diesem Sinne ergänzen die Stärken der gemässigten Muslime genau jene Amerikas.

Um glaubhaft zu machen, dass die Amerikaner den Islamischen Glauben anerkennen und achten, argumentieren Behördenvertreter, dass amerikanische und Islamische Werte vereinbar seien. Es werden beispielsweise Kassetten versandt, die einen muslimischen Imam beim Gebetsruf im Kongress zeigen, und Poster mit den «Moscheen Amerikas» gedruckt. Beachtenswert war auch Präsident Bushs Einladung an 50 muslimische Botschafter zum Fastenbrechen am Ende des Ramaḍaan im weiss en Haus, was Aussenminister Powell und US-Botschafter weltweit genauso taten. Laut einem Sprecher des Aussenministeriums sollte damit glaubhaft gemacht werden, dass die Amerikaner die Islamischen Feiertage ebenso ernst nehmen wie die christlichen und jüdischen. Zukünftige Vorhaben sind ehrgeiziger: Ein Radionetzwerk für den Nahen Osten soll ab Februar auf Sendung gehen; geplant sind Programme in 26 Sprachen für ein junges Islamisches Publikum.

Werden diese Anstrengungen ihr Ziel erreichen? Das ist sehr unwahrscheinlich. Es geht schliess lich um einen Kampf der Ideen. Die Botschaft gegen bin Ladin kann weder nach den Grundsätzen der Madison Avenue noch von den Amerikanern erarbeitet und vermittelt werden. Da braucht es schon Insider mit gründlichen Kenntnissen der Islamischen Kultur: gemässigte Muslime, für die die Vorstellung eines Lebens unter Islamistischer Herrschaft unerträglich ist und die sich etwas Besseres vorstellen können.

 

Die Rolle der USA

Was ist dabei die Rolle der USA? Die USA sollen weniger ihre eigenen Ansichten vermitteln als jene Muslime unterstützen, deren Ansichten mit den amerikanischen vereinbar sind, besonders bei Themen wie die Beziehungen mit Nichtmuslimen, die Modernisierung und gleiche Rechte für Frauen und Minderheiten. Die USA können den gemässigten Muslimen bei der Verbreitung ihrer Ideen helfen, so wie mit dem von den USA finanzierten Radio Free Afghanistan. Zudem sollen, wie Paula Dobriansky, Under Secretary for Global Affairs im Aussenministerium, vorschlug, gemässigte muslimische Persönlichkeiten - Gelehrte und Imame zum Beispiel - bei den von den USA finanzierten akademischen und kulturellen Austauschprogrammen berücksichtigt werden.

Die AntiIslamisten sind heute schwach, gespalten, eingeschüchtert und ohne Einfluss. Die Aussichten für ein Wiederaufblühen des Islam waren selten so schlecht wie in diesen von Radikalismus, Jihad, extremistischer Rhetorik, Verschwörungsdenken und Todeskult geprägten Zeiten. Trotzdem gibt es die gemässigten Muslime, und sie haben den USA im Kampf gegen den Islamismus viel zu bieten, nicht zuletzt mit ihren Kenntnissen des Phänomens samt seinen Schwächen. Zudem ist die Legitimität unbezahlbar, die sie im Kampf gegen den militanten Islam einbringen. Allein durch ihr Mitwirken wird der Vorwurf der «Islamophobie» unhaltbar.

In Afghanistan haben die USA zuerst das Taliban-Regime zerschlagen und darauf das Land in die Hände der gemässigteren Nord-Allianz  übergeben. Es liegt nun an der Nord-Allianz, diese durch die USA eröffnete Chance auszunützen. Das Gleiche gilt für den Islam insgesamt. Weiter darf Washington nicht gehen. Ob auf die militärischen Siege politische folgen, hängt letztlich von den Muslimen ab. Der Kampf gegen den Islamismus kann gewonnen werden, wenn Amerika den Willen und das Durchhaltevermögen aufbringt und versteht, dass die Botschaft von nichtamerikanischen Händen hinausgetragen werden muss.

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