Mudschtahid ist
der Titel für einen Großgelehrten (Mutlaaq-
'Alim). Seine Qualifikationen
beginnen nicht bei dem umfangreichen Wissen - das er zweifelsfrei haben
muss - sondern mit seiner seiner Demut, seinem noblen Charakter und seiner Furchtlosigkeit
außer vor Allah. Er muss von Regierungen und
anderer Einflussnehmern bei seinen Rechtsentscheidungen standfest sein
und Kontrolle über
seine individuellen Begierden und Wünsche haben und große Weisheit
erlangt haben. Insgesamt muss der
Mudschtahid - also abgesehen von seinem umfangreichen Wissen - eine hohe spirituelle
Lebensqualität
repräsentieren um Entscheidungen treffen zu können.
Der Mudschtahid ist
Muhhlis, d.h. ein
Ehrlicher vor Allah
, vor sich selbst und
vor seinen Mitmenschen.
Der
Mudschtahid befindet sich
in tiefer Liebe zu Allah und Seinem Gesandten und ist abgewandt von der
Liebe zur
Dunja (Weltlichkeit).
Als Vorbild dienen dem Mudschtahid der
Gesandte Allahs
(auf ihm sei der Friede und Segen) und dessen Gefährten (Ssahhabah)
- möge Allah mit ihnen zufrieden sein. Das
umfangreiche Wissen ('Ilm)
welches ein Mudschtahid braucht, das kommt erst nach der
erwähnten spirituellen Lebensqualität als Voraussetzung um
Idschtihaad
(Rechtsendscheidungen) treffen zu können. Die Lebensgeschichten der vier
Imaame der Rechtsschulen (Madhaahib)
zu studieren kann dir helfen um deren hohe spirituelle
Lebensqualität zu begreifen. Die Gelehrsamkeit
und das Wissen aber, dass einen Mudschtahid hat, die hat vielerlei
Aspekte und dieses Wissen beginnt mit dem intuitiven Verständnis der
arabischen Sprache wie sie in der Dschahiliiyah gesprochen
wurde. Es heißt, dass es "sechzig Wissenschaften" gibt die
beherrscht werden müssen um ein Mudschtahid zu sein.
Während der Mudschtahid in eigner
Verantwortung Rechtsentscheide treffen kann bzw. muss, sind heute alle anderen Gelehrten
als auch
Nichtgelehrten verpflichtet, einem
Mudschtahid in Rechtsentscheidungen (Fatwaa)
zu folgen; wer das macht ist ein
Muqallids
einer der vier
Madhaahibs (Rechtschulen).
Vermutlich gibt es schon lange keinen
Mudschtahid
mehr.
Heutige Gelehrte sind oft Angestellte an Universitäten
die in
wirtschaftlicher und politischer Abhängigkeit agieren müssen und abhängig
sind in dem was sie sagen dürfen und was nicht. Technisch bzw. quantitativ ist
es aber vorstellbar,
dass heutige Gelehrte umfangreicher gelernt haben als die Ssahhaabah oder die vier
Imaame der Rechtschulen, doch fehlen ihnen nicht nur
die oben genannten Vorbedingungen eines Mudschtahids und dabei vor
alle das intuitive
Sprachempfinden des Arabisch der
Dschahillijah (Zeit
der Unwissenheit)
auf welchem die Sprache des Qur'aan mit ihren vielen Redewendungen und
Gleichnissen aufsetzt. Möge Allah diejenigen schützen und segnen, die sich trotz
dieser Umstände dem um
Wissen bemühen und dieses unverdreht weitergeben. Man sagt, dass ein Mudschtahid "sechzig Wissenschaften" beherrschen
muss.
Idschtihaad ...
bedeutet eine Rechtsentscheidungen im Sinne der
Wissenschaft der Rechtsfindung (Fiqh)
zu treffen. Absolute
(mutlaaq)
Rechtsentscheidungen
(Idschtihad) wurden
nach Beweisführung mittels Überprüfung der Echtheit und
Bedeutungen der Quellen u.a. von den Gelehrten (Mudschtahid)
der vier erhalten Rechtschulen in Übereinstimmung
(Idschm'a) getroffen.
Die Tore für diesen Bereich der Rechtsfindung sind längst geschlossen. Die
Aufgabe heutiger Gelehrter ('Ulamaa) ist
es gegebenenfalls die Beweisführungen und Begründungen der Großgelehrten
nachvollziehbar zu machen, denn dem Unkundigen erscheint bald einmal ein Rechtsspruch (Fatwa) als Widerspruch.
Was den
Qur'aan betrifft, so ist jeder Buchstabe unzweifelhaft "echt"
und bewiesen, doch gibt es manchmal Zweifel bei
Mutaschabihhaat
-Versen (Mehrdeutigkeiten eines Aajjah in der
Bedeutungen. Was
Hhadiithe betrifft, so ist
der Weg der Beweisführung deren Echtheit oft komplizierter und wurden diese
deshalb in Kategorien eingeteilt. Was deren Bedeutung im Kontext des Qur'aan
betrifft, um
in der Folge
die
Scha'iijah verlässlich
darlegen zu können, so darf diese weder dem Qur'aan noch anderen
Hadiithen und dem Verstand widersprechen. Diese Wissenschaft setzt sich
aus den "Wurzeln des Verstehens" (Usuulu-l-Fiqh) und
"Zweigen des Verstehens (Furuu' al-fiqh) zusammen. Das Resultat dieser Anstrengungen
gibt es die "rechtliche
Gebrauchsanweisungen" (Muʿaamalaat), bestehend aus Regeln für die rituelle
Anbetung
(Ibaadah)
und Angelegenheiten des sozialen Lebens, meist bekannt als Fiqh-Bücher
der jeweiligen Rechtsschule (Madhhaahib)
wie etwa
"Ma La Budda Minhu"
oder umfangreichere Werke der jeweiligen Rechtsschulen
(Madhhaahib) sind heute im Buchhandel erhältlich.
"Die Türen zum mutlaaq
Idschtihaad
sind längst geschlossen". Nicht die Zeit hat sich geändert, sondern die
Vorstellung was Wissen bedeutet: aus Qualität ist Quantität geworden.
Wissen wird seit dem
Gesandte Allahs (auf ihm sei der Friede und der Segen Allahs) qualitativ immer
geringer, quantitativ aber immer mehr. Anfangs war das Khalafaat,
dann kamen Könige und heute gibt es die
demokratische Religion
als Kontext zum Thema Idschtihaad.
Warum hat wohl der Gelehrte Beyazid Schams at-Tabrizi dem Gelehrten
Maulana Rumi die Bücher in den Brunnen geworfen? - Möge Allah deren Seelen
heiligen.
Ist
nicht jeder manchmal ein Mudschtahid?
.
Ja, kurzfristig immer dann, wenn eine Entscheidung getroffen werden muss und keine Auskunftsmöglichkeit
rechtzeitig in Aussicht scheint;
dann wird jeder kurzfristig zu einem "Not-Mudschtahid"
bis er sich Auskunft einholen
kann. Jeder Mensch trifft ständig Entscheidungen, welche
spirituelle und rechtliche Konsequenzen
haben.
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Einige Hinweise zur "Arabischen Sprache"
.
Das
heutige "Al Fusha" الفصحى
(Hocharabisch)
ist nicht die Sprache des Qur'aan, sondern ein modernes Hocharabisch, das
sich an der Sprache des Qur'an als Stadard anzulehnen versucht. Nur diejenigen,
die Arabisch studieren, Literaten, Nachrichtensprecher und
Bildungseinrichtungen benützen "Al Fusha", doch niemand spricht "Al Fusha" الفصحى
im täglichen Leben sondern spricht arabische Dialekte. Aus dem
gefühlten Selbstverständnis dieser Dialekte - kombiniert mit geringem Wissen
-
können die Worte aus dem Qur'aan von "arabisch sprechenden Muslimen" leicht falsch verstanden
werden:
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